20 Erster Abschnitt. Geschichte des Altertums.
fuß und durch Herabsetzung des Münzfußes Erleichterung, so daß, wer
103/4 Groschen schuldete, in neuer Münze nur 7% zu zahlen hatte.
Mit umfassender Vollmacht ausgerüstet, wurde Solon nun den
Athenern ein weiser Gesetzgeber. Die Hauptstücke der Solonischen
Staatseinrichtung sind folgende:
a) Einteilung der athenischen Bürger nach den Jahreseinkünf-
ten des Grundbesitzes in 4 Klassen: die Großgrundbesitzer, der min-
derbegüterte Adel, die kleinern arbeitenden Grundbesitzer, die steuerfreien
Ärmeren. Besteuerung, Anforderungen für den Kriegsdienst und poli-
tische Rechte stuften sich nach diesen 4 Vermögens-Klassen ab.
b) Die neun Archonten, aus der ersten Steuerklasse von samt-
lichen Bürgern gewählt. Unter sie verteilte sich der Vorsitz im Rate
und in der Volksversammlung, die Heerführung, die Leitung des Got-
tesdienstes und der Gerichtshöfe.
c) Der Rat, 400 über 30 Jahre alte Bürger, aus den ersten
3 Klassen gewählt. Er stellte Einnahme und Ausgabe fest und berei-
tete die Vorlagen für die Volksversammlung vor.
d) Die Volksversammlung, die höchste entscheidende Staats-
gewalt, an der die 20 Jahre alten Vollbürger aller 4 Klassen teil-
hatten: eine durch Opferdienst geheiligte Bildungsstätte großer Redner
und Volksführer (Demagogen). Der Redner „im Kranze" war
eine geweihte Person mit dem Rechte freier, aber nicht unziemlicher
Rede.
e) Das Volksgericht (Heliäa) aus 4000 jährlich zu Richtern
ausgelosten Bürgern, ein Appellhof für Kriminalsachen, vor dem zugleich
alle Beamte Rechenschaft abzulegen hatten.
f) Der Areopag, eine ehrwürdige Vereinigung tadelloser ehe-
maliger Archonten: Wächter über Religion, Gesetz und Sitte mit einem
entscheidenden Veto gegen staatsgefährliche Beschlüsse des Rates und
der Volksversammlung.
Der Genuß der durch diese Verfassung den athenischen Bürgern
(in der Blütezeit des Staates 100000) gewährten politischen Freiheit
wurde nur ermöglicht durch zahlreiche, vom Gesetz geschützte arbeitende
Sklaven (400000). Die Schutzverwandten (50 000), fremde
Handels- und Gewerbsleute, die sich in Athen angesiedelt hatten, waren
ohne Vollbürgerrecht. Mit dem Verluste des Bürgerrechts wurde be-
straft, wer im Kampfe der Parteien nicht Stellung nahm, oder wer
dreimal vom Areopag wegen Müßiggang vermahnt worden war. Die
Erziehung der Jugend war in Athen nicht so ausschließlich dem
Staate übergeben, wie in Sparta, und sie erstrebte nicht nur einseitige
kriegerische Ausbildung, sondern eine harmonische Bildung des Gei-
stes und des Körpers.
Gestützt auf die durch Solons Verfassung nicht befriedigte ärmere
Volksklasse, der er eine goldene Zukunft versprach, erhob sich Pisi-
stratos, das Vorbild eines vollendeten attischen Demagogen (Volks-