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XV. Zeitaller der absoluten Monarchie. Erstes Kapitel. 201
Schlosses wurde teilweise gesprengt. Ungeachtet der Siege bei Fleu-
rus und Neerwinden unter dem Marschall von Luxemburg
mußten die Franzosen vom Rhein weichen; ihre Flotte wurde bei la
Hogue durch die Engländer und Holländer vernichtet. Die Erschöpfung
Frankreichs uud die Aussicht auf Erledigung des spanischen Thrones
führte endlich den Frieden zu Ryswick herbei. Die Franchecomts, 1697.
Straßburg uud die reuuierten elsassischen Besitzungen blieben französisch,
Lothringen kam an seine vertriebenen Fürsten zurück.
Der letzte Habsburger auf dem spanischen Throne, Karl II.,
setzte Philipp von Anjou, den Enkel seiner ältesten Schwester und
ihres Gemahls, Ludwigs XIV., als Thronfolger ein; Kaiser Leopold I.
beanspruchte als Gemahl der jüngeren Schwester Karls II. für seinen
Sohn, den Erzherzog Karl, die spanische Erbschaft. Es entbrannte
der spanische Erbfolgekrieg, in welchem auf Seiten Frank-1701—14.
reichs der Kurfürst von Bayern, der ebenfalls Erbansprüche erhob,
der Kurfürst von Köln, die Herzöge von Brauufchweig-Lüneburg, von
Savoyen und Mantua standen, auf Seiten des Kaisers Fried-
rich III. von Brandenburg, Hannover, Dänemark, die Seemächte,
später auch das deutsche Reich, Portugal und Savoyen. Der große
Krieg um das Gleichgewicht der Staaten gegen französische Welt-
Herrschaftsgelüste wurde am Rhein, in den Alpen, in Italien, auf der
pyrenäifchen Halbinsel und in den Kolonien geführt. Der kaiserliche
Feldherr, Prinz Engen von Savoyen, siegte in der Lombardei; am
Niederrhein behielt der große brittifche Feldherr Marlborough
(Molbro) die Oberhand; am Oberrhein kämpften Kaiserliche und Reichs-
truppen unter Ludwig von Baden; der Angriff der Franzosen gegen
Tirol scheiterte an einem Volksaufstande der Tiroler unter Ster-
zinger, und Marlborough uud Eugen brachten den Franzosen und
Bayern bei Höchstädt eine vernichtende Niederlage bei, durch welche 1704.
Bayern in ihre Hand kam. Philipp von Anjou mußte vor dem Erz-
herzog Karl zweimal aus Madrid fliehen, kehrte jedoch schließlich
siegreich zurück. Prinz Eugen in Verbindung mit den Preußen unter
Leopold von Dessau erfocht einen entscheidenden Sieg bei Turin,
Neapel wurde dem Kaiser gewonnen. Räch den Niederlagen der Fran-
öosen bei Ramillies durch Marlborough, bei Oudenarde durch
diesen und Eugeu und nach dem Verlust der mörderischen Schlacht bei
Malplaquet erbot sich Ludwig zur Verzichtleistung auf die spa- 1709.
Mische Erbschaft, doch nicht zu der vom Übermute der Sieger gefor-
werten Vertreibung seines Enkels aus Spanien. Da trat eine uner-
Kartete Wendung der Dinge zu seinen Gunsten ein: Marlborough 1710.
^ mit seiner Gemahlin am Hofe der Königin Anna in Ungnade,
es kam ein friedlich gesinntes Tory-Kabinett in England ans
^uder; Erzherzog Karl wurde deutscher Kaiser, und es lag nicht
Interesse der Seemächte, das deutsche Reich mit der ungeteilten
'panischen Macht vereinigt zu sehen. Diese Umstände verschafften