Full text: Von der Zeit Karls des Großen bis zum Tode Friedrichs des Großen (Teil 2B)

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Die Neuzeit. 
entziehen, c) Die Ausbildung der Geldwirtschaft und des Steuerwesens 
gab den Fürsten die Mittel in die Hand, Söldnerheere aufzustellen, d) Der 
Gebrauch des Feuerrohrs, das in den Händen der Infanterie am besten 
zur Geltung kam, nahm zu und verlieh der Kriegführung einen veränderten 
Charakter. Es kam dabei weniger auf die Tapferkeit und Körperkraft der 
einzelnen an als auf geschickte Aufstellung der Truppenkörper. Zunächst 
freilich waren nur die großen Belagerungsgeschütze, nicht die Handfeuer- 
Waffen, von ausschlaggebender Bedeutung. 
Vergleiche die Umwandlung des altrömischen Kriegswesens seit Marius! 
5. Die Städte. Gegen die neuen Waffen mußten die Stadtmauern 
verstärkt und durck) Wälle mit Basüonen gedeckt werden. An den dazu 
nötigen Mitteln fehlte es nicht. Denn trotz des veränderten Weltverkehrs 
nahmen Handel und Wohlstand nicht ab*). Die Kaufleute beeilten sich, 
an dem Verkehr mit der Neuen Welt teilzunehmen. Einer, Wels er in 
Augsburg, gründete sogar eine deutsche Ansiedlung in Venezuela**). Seine 
Familie und die der Fugger in Augsburg zählten zu den reichsten des 
16. Jahrhunderts, und viele Fürsten gehörten zu ihren Schuldnern***). 
Das behagliche Wohlleben und die üppigen Feste (besonders Schützen- 
feste) des 15. Jahrhunderts erhielten sich. Die Trachten weisen große 
Mannigfaltigkeit auf: während in der ersten Hälfte des 16. noch die 
französische Mode ihren Platz behauptete, wurde sie in der zweiten von 
der spanischen verdrängt. Auf Speise und Trank verwandte man viel Sorg- 
falt, wie schon das Häufigerwerden von Kochbüchern beweist. 
6. Die Frauen. Die Tätigkeit der bürgerlichen Frauen richtete sich 
infolge des Wohlstandes mehr als früher auf das Hauswesen und die 
geistigen Interessen. Das Studium der Sprache Ciceros ward auch für 
die Mädchen und Frauen ein Bildungsmittel, und an den religiösen Streit- 
fragen nahmen sie in Schriften und Gesprächen lebhaften Anteil. — Ein 
Muster an Bildung und Tugend war Philippine Welser. Mit ihr 
vermählte sich trotz aller Schwierigkeiten, die der Standesunterschied be- 
reitete, der Erzherzog Ferdinand, der Sohn des nachmaligen Kaisers 
Ferdinand. — Aus edlem Bürgergeschlechte stammte auch Barbara Utt- 
mann, die Gemahlin eines Bergherrn in Annaberg. Sie wurde die Wohl¬ 
täterin der verarmten Bevölkerung des Sächsischen Erzgebirges, indem sie 
die Brabanter Spitzenklöppelei lehrte und damit einen neuen, einträglichen 
Erwerbszweig einführte. 
*) „Hütt' ich Venediger Macht und Augsburger Pracht, Nürnberger Witz und 
Straßburger Geschütz und Ulmer Geld, so war' ich Herr der ganzen Welt." 
(Reimspruch aus dem 16. Jahrhundert.) 
**) Sie hat nur zwanzig Jahre bestanden. Die Spanier in Venezuela rissen den 
deutschen Besitz an sich, und Kaiser Karl V., der ja zugleich König von Spanien war, 
schritt nicht dagegen ein. 
***) Karl V. liehen die beiden Kaufhäuser zwölf Tonnen Goldes.
	        
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