152 Neueste Geschichte. 2. Periode. Belgien.
die in Belgien herrschende Stimmung wirkte. Die unruhigen Köpfe
in Brüssel bereiteten die Revolution vor und scheuten sich nicht,
den dazu bestimmten Tag vorher zu verkündigen. Am 23. August
1830 las man an den Straßenecken von Brüssel: „Montags Feuer¬
werk, Dienstags Illumination (zum Geburtstage des Königs),
Mittwochs Revolution." An diesem Mittwoch, den 25. August,
wurde im Theater die Stumme von Portici gegeben. Alle Stellen,
in denen der Aufstand in Neapel lebhaft geschildert wird, wurden
heftig beklatscht, und nach Beendigung des Stückes stürzten große
Volkshaufen, die sich schon vor dem Schauspielhause versammelt
hatten, nach der Druckerei einer ihnen gehässigen Zeitung und zer¬
trümmerten hier alles. Ein anderer Haufe plünderte die Vorräthe
eines Schwertfegers, warf dem Justizminister die Fenster ein und
zerstörte das Haus des Polizeidirectors gänzlich, ohne daß die auf¬
gestellten Soldaten das Geringste dagegen unternahmen. Um 3 Uhr
des andern Morgens wurde das Haus des Justizministers ausge¬
plündert, alle Mobilien zertrümmert und zuletzt das Gebäude ver¬
brannt. Erst gegen 6 Uhr Morgens zogen beträchtliche Truppen¬
massen durch die Straßen und fingen an, auf das Volk zu feuern,
welches das Straßenpflaster aufriß und mit Steinen warf. Mehrere
Häuser verhaßter Beamten wurden zerstört, die Laternen und die
Schilder mit königlichen Abzeichen zerschlagen und einzelne Fabrik¬
gebäude zertrümmert. Erst nachdem die rechtlichen Bürger die
Waffen ergriffen und eine Nationalgarde errichtet hatten, wurde
der aufgeregte Pöbel im Zaume gehalten.
Diese Unruhen in Brüssel regten wie durch einen elektrischen
Schlag auch das Volk in den andern belgischen Städten auf. In
Lüttich, Mons, Löwen, Brügge, Gent, Antwerpen n. ct. bewaffneten
sich die Bürger, und hier und da wurden große Ausschweifungen
begangen. Um diesem Treiben ein Ende zu machen, versammelte
der Befehlshaber der Nationalgarde in Brüssel die angesehensten
Bürger, und man beschloß, eine Deputation an den König zu
schicken, die ihm die Wünsche des Volks vortragen sollte. Der
König empfing sie zwar freundlich, erklärte aber mit Würde, daß
er die Bitten wohl in Erwägung ziehen wolle, aber nicht im vor¬
aus das gewähren könne, was ihm gewissermaßen mit der Pistole
auf der Brust abgefordert würde. Indessen reiste der Prinz von
Oranien (der Kronprinz) selbst nach dem Schlosse Laeken bei
Brüssel ab, und begab sich sogar, nur von wenigen Offizieren be¬
gleitet, nach Brüssel, ermahnte zur Ruhe und versprach, daß dann