Full text: Das Altertum, das Mittelalter bis zu Karl dem Großen (Teil 1)

Die Ägypter. 
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herrschte mit unumschränkter Gewalt; die Fürsten, die in den einzelnen 
Provinzen regierten, waren seine Beamten. Im Volke hatten die Priester 
den größten Einfluß, und ihre Macht wurde sogar den Königen oft ge- 
fährlich. Die Priesterschaft und ein reicher Adel besaßen den größten Teil 
des Ackerlandes, das von leibeignen Bauern bebaut wurde. In den Städten 
blühten Gewerbe, und der Handel erstreckte sich bis Mesopotamien. Der 
bessergestellte Ägypter lebte behaglich in seinem backsteinernen, flachgedeckten 
Hause, das mit mancherlei Geräten aus Metall, Ton und Glas und mit 
feinen Geweben gut eingerichtet war. Die Küche lieferte unter der Leituug 
der Hausfrau, die eine höhere Stellung einnahm als bei den meisten andern 
Völkern, ein reichliches Mahl, bei dem der Wein nicht fehlte. Doch waren die 
Ägypter von ernster Sinnesart; die Griechen nannten siediefrömmstcn Menschen. 
4. Die Religion. Obgleich in den ägyptischen Schriften mehrfach von 
„dem einzigen Gotte" die Rede ist, drang doch der Glaube an ihn in der 
geschichtlichen Zeit nie ins Volk. Es gab eine Unzahl von Göttern, die 
großenteils nur örtliche Bedeutung hatten. Allgemeiner verehrt wurden 
der Sonnengott Ra oder Amnion, der auf einer Oase in der Libyschen 
Wüste ein berühmtes Orakel hatte, und Osiris mit seiner Gemahlin Isis. 
Osiris wird von seinem Bruder Seth, dem Gotte des Bösen, getötet (daher 
auch als Gott der Unterwelt gedacht), erwacht aber durch seinen Sohn 
Hör (Horns) zu. neuem Leben. Hör ist das belebende Sonnenlicht. 
Zur Götterwelt steht die Tierwelt in enger Beziehung. Man bildete 
Götter gern mit dem Kopfe des ihnen geweihten Tieres ab, statt wie andere 
Völker das Tier neben die Gottheit oder diese auf das Tier zu setzen. 
Gewisse Tiere, die sich durch besondere Merkmale auszeichneten, genossen 
geradezu göttliche Verehrung: Krokodile, Katzen, Ibisse und vor allen der 
heilige Stier Apis in Memphis. 
Mit Vorliebe beschäftigte sich die Phantasie mit dem Leben nach 
dem Tode. Da die Fortdauer der Seele nach dem Glanben der Ägypter 
von der Erhaltung des Körpers abhing, zu dem sie beliebig zurückkehren 
konnte, balsamierten sie die Leichen ein (Mumiert) und wandten den Gräbern, 
die gewöhnlich in Felsen gehauene Kammern waren, sorgfältige Pflege zu. 
Sie brachte» den Verstorbenen Opfergaben zur Nahrung und stellten Zauber- 
figuren zum Schutze gegen böse Geister auf. Auch findet sich die Vor- 
stelluug von einem Totengericht. Wenn die Seele vor dem Throne des 
Osiris ihre sittliche Reinheit erweisen konnte, erhielt sie Einlaß in die Ge- 
filde der Seligen, ja sie konnte eins werden mit Osiris selbst. 
5. Die Kunst. Besondere Sorgfalt verwandten die Könige der Mem- 
phisperiode auf ihre Gräber. Gleich nach ihrem Regierungsantritt singen sie 
an, sich ans dem Gestein der Felsengebirge ein Grabmal zn erbauen in Form 
einer hohen, viereckigen Pyramide. Die meisten, fast hundert, und größten stehen 
am Wüstenrande bei Giseh, auf dem Totcnfelbc von Memphis. Diese ältesten 
Denkmäler der Baukunst zeugen von der hohen technischen Bildung ihrer Erbauer.
	        
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