12
Morgenländische Völker,
Unter den Pyramiden von Giseh ist die größte von allen die des Cheops. Ihre
ursprüngliche Höhe betrug 146 z m, die Breite 233 m. Sie enthält etwa 300000 Steine
von je 1z cbm Inhalt. Jil der „Königskammer" steht noch der granitene Sarg des
Königs ohne Deckel, ohne Inhalt und ohne Inschrift.
Um die Pyramiden der Könige gruppieren sich die Gräber der Vornehmen,
die Mastabas, kleinere rechteckige, flachgedeckte Bauten mit schrägen Wänden.
Umfangreiche Bauwerke waren die Tempel. Der von Namses d. Gr.
in Theben (dem jetzigen Luksor) erbaute hatte eine Länge von 200 m. Bor
dem Eingange standen Obelisken, hohe Spitzsäulen mit Inschriften*).
Die Fassade wurde gebildet durch zwei schräge Pylonen mit dem Tore
in der Mitte. Das Innere bestand aus einer Reihe von Höfen, Gängen
und Säulenhallen, durch die man in das Allerheiligste gelangte, ein kleines
Gemach, in dem hinter Vorhängen das Standbild der Gottheit thronte.
Ein aus sehr vielen Einzelräumen bestehender Tempelbau war das südlich von Mem-
phis gelegene Labyrinth, über dessen Einrichtung und Bestimmung die Angaben der
griechischen Schriftsteller voneinander abweichen. Erhalten sind nur die Fundamente.
Die Werke der Bildhauerkunst entsprechen in ihrer Größe im all-
gemeinen den Bauwerken, zu deren Ausschmückung sie dienten. Ein aus
dem Felsen gehauener Sphinx bei den Pyramiden von Giseh (ein Löwen-
leib mit dem Kopf eines Königs, ein Sinnbild des Sonnengottes) hat eine
Höhe von 20 m und eine Länge von 50 m. — Könige und Götter werden
in steifer, herkömmlicher Haltung dargestellt. Sinnbilder starrer, feierlichster
Ruhe sind z. B. die beiden sogenannten Memnonsänlen, sitzende Kolossal-
figuren vor einem Tempel in Theben. Gestalten aus dem Volke dagegen
zeigen oft eine recht lebensvolle Behandlung. An den Reliefs und den
Werken der Malerei füllt die eigentümliche Zeichnung menschlicher Figuren
auf: Füße und Kopf werden von der Seite gezeichnet, das übrige von vorn.
6. Wisse»lschaft und Literatur. Die regelmäßigen Überschwemmungen
machten eine genaue Zeitrechnung notwendig, und der klare Himmel begünstigte
die Beobachtung der Sterne. Die Priester wandten sich deshalb der Stern-
kuude zu. Sie teilten den Fixsternhimmel in Gruppen (Sternbilder), den
Himmelsäquator in 360 Grade und berechneten schon das Jahr zu 365|- Tagen.
7 Tage (der vierte Teil der Dauer eines Mondumlaufs) bildeten eine Ein-
heit. Für die Sterndeutern waren besondere Priester angestellt. —- Infolge
der Überschwemmungen mußten häusig Landvermessungen stattsinden.
Als Grundlage der Landmessung , sowohl als auch der Sternkunde war die
Mathematik unentbehrlich. — Großen Ruf hatten die ägyptischen Ärzte;
das Einbalsamieren mußte aufdieGruudlage der Heilkunde, dieAnatomie, führen.
An Schriften haben die Ägypter eine große Menge hinterlassen. Der
Inhalt besteht zum größten Teil aus religiösen Belehrungen und Vorschriften,
geschichtlichen Aufzeichnungen, medizinischen Rezepten, Märchen und Liedern.
Die Schrift ist eine Bilderschrift, die Hieroglyphen, die schon auf den
ältesten Denkmälern vorkommen. Sie sind teils Wortzeichen, teils Silben-
*) Die meisten haben die alten Römer zum Straßenschmuck nach Rom verpflanzt.