Full text: Das Altertum, das Mittelalter bis zu Karl dem Großen (Teil 1)

Die Religion. Das bürgerliche Leben und die Familie. 
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4. Untergeordnete Götter. Griechischen Göttern entsprachen: Amor 
(Eros), die Grazien (Chariten), die Parzen (Mören), Bacchus, Aurora 
(Eos), Faunus (Pan). Außerdem wurden viele Begriffswesen verehrt, 
z.B. Fortuna (das Glück), Viktoria (der Sieg), Konkordia (die Ein- 
tracht). Jeder Mensch hatte seinen Genius (Schutzgeist), jedes Haus seine 
Penaten (Hausgötter) und Laren (Familiengötter), deren Bilder am Herde 
aufgestellt waren. 
Von den Griechen stammten ferner die Gottheiten der Unterwelt, des 
Orkus, wo die Manen (Seelen der Verstorbenen) ein Schattenleben führen. 
Im allgemeinen erscheint die römische Götterwelt, wie wir sie bei den 
Dichtern finden, als eine Nachbildung der griechischen. 
5. Der Götterdienft war an zahlreiche Förmlichkeiten (Zeremonien) ge- 
bunden *), deren Nichtbeachtung bei Gebet und Opfer den Zorn der Götter 
erregte. Die Priester waren Staatsbeamte; sie bildeten meist Kollegien, 
aber ebensowenig wie bei den Griechen einen besonderen Stand. Ein solches 
Kollegium waren die Vestalischen Jungfrauen, die das ewige Feuer im 
Tempel ihrer Göttin zu unterhalten hatten. Das Kollegium der Ponti- 
fTzes **), die unter einem Pontifex maximus standen, hatte die Aufsicht 
über das gesamte Religionswesen. 
Die Erforschung der Zukunft übten die Römer noch eifriger und 
sorgfältiger als die Griechen. Sie war für alle Staatshandlungen von 
großer Bedeutung. Aus Etrurien, wo die Zeichendeutung blühte, stammten 
die Haruspizes, die Naturereignisse deuteten und die inneren Teile der Opfer- 
tiere untersuchten, um daraus zu weissagen. Die Au gurrt beobachteten das 
Gebaren der Vögel (Auspizien). Auch die nach der Überlieferung aus Kumä 
stammenden Sibhllinischen Bücher und das Delphische Orakel wurden befragt. 
Unter den Festen nahmen die zu Ehren des Jupiter den ersten Rang 
ein; sie bestanden aus Opfer, Opferschmaus, feierlichem Umzug und körper- 
lichen Spielen. Das schönste Fest aber waren die zur Zeit der Winter¬ 
sonnenwende gefeierten Saturnalien. Man schmauste und beschenkte sich 
und gab sich ausgelassener Freude hin zum Andenken an das goldene Zeit- 
alter; sogar die Sklaven wurden bewirtet. 
§ 30. Das bürgerliche Leben und die Familie. 
1. Das bürgerliche Leben. Der Römer ließ sich in seinem Denken 
und Trachten am meisten durch die Rücksicht auf das Wohlergehen und die 
Macht seiner Vaterstadt leiten. Dem Staate treu zu dienen war sein höchster 
Ruhm. Einen Verräter wird man in der römischen Geschichte vergebens 
suchen. Durch Neigung uud die Macht der Verhältnisse wurden die Römer 
*) Religio bedeutet eigentlich Gebundenheit. — **) Der Name, der Brückenbauer 
bedeutet, soll daher stammen, daß die Pontifizes eine Brücke über den Tiber gebaut 
hätten, um an beiden Ufern und auf der Brücke selbst zu opfern.
	        
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