9. Wilhelm I., der Große. 237
Roon. Albrecht von Roon war der Sohn eines pommerschen Ritter¬
gutsbesitzers, empfing in Kadettenanstalten seine Ausbildung und trat als
Offizier ins Heer. Seine wissenschaftliche Befähigung verschaffte ihm schon
in jungen Jahren eine Einberufung als Lehrer an die Kriegsakademie zu
Berlin. Auch Prinz Friedrich Karl empfing von ihm Unterricht in den
Militärwissenschaften. Nachdem von Roon in die Stellung eines höheren
Offiziers aufgerückt war, erregte er durch seine Tüchtigkeit die Aufmerksam¬
keit des Prinzen-Wilhelm. Als dieser nach der Übernahme der Regentschaft
zur Heeresreorganisation schritt, berief er den General von Roon an die
Spitze des Kriegsministeriums. Dienst und Studium hatten ihn die
Mängel des Heerwesens längst klar erkennen lassen. Er war so der vor¬
züglichste Berater und Gehilse des Königs bei der Durchführung der Heeres¬
reorganisation. Darum gebührt ihm auch ein wesentlicher Anteil an den
Kriegsersolgen, welche nur durch jene möglich geworden sind. Kaiser Wilhelm
belohnte seine Verdienste damit, daß er ihn am Tage des Einzugs der aus
Frankreich nach Berlin zurückkehrenden Truppen in den Grafenstand erhob.
Krankheit nötigte ihn 1873, vom Ministerium zurückzutreten. 1879 starb er
und wurde aus seinem Gute Krobnitz bei Görlitz beerdigt.
Moltke. Helmut von Moltke wurde in der mecklenburgischen Stadt
Parchim als Sohn eines dänischen Generals geboren. Nachdem er die
Kadettenanstalt zu Kopenhagen besucht hatte, wurde er dänischer Offizier,
trat jedoch schon nach kurzer Zeit in den preußischen Dienst über. Durch
rastloses Studium erwarb er sich große Kenntnisse, wodurch seine Komman¬
dierung zum Großen Generalstabe veranlaßt wurde. Durch vier Jahre
hielt er sich in der Türkei auf und nahm an der Umgestaltung des dortigen
Heerwesens teil. Nach der Rückkehr war er zumeist als Generalstabsoffizier
tätig, eine Zeitlang auch als Adjutant des Prinzen Friedrich Wilhelm, des
nachmaligen Kaisers Friedrich III. Während der Regentschaft wurde er Chef
des Generalstabes. In dieser Stellung war es ihm vergönnt, Hervor¬
ragendes zum glücklichen Ausgange der drei Kriege beizutragen, denn er
entwarf die Feldzugspläne und leitete die Bewegungen der Armeen. Als
Metz gefallen war, erhob ihn der dankbare König in den Grafenstand. In
der nachfolgenden Friedenszeit verblieb er an der Spitze des Generalftabes,
bis die Last des Alters ihn 1888 zwang, um feine Entlassung zu bitten.
Einer wie großen Liebe und Verehrung sich Moltke erfreute, offenbarte sich
am deutlichsten in der allgemeinen Teilnahme des Volkes an der Feier-
feines 90. Geburtstages. Kurz darauf starb er und wurde auf feinem Gute
Kreifau bei Schweidnitz begraben.
Bismarck. Otto von Bismarck wurde am 1. April 1815 auf dem feinem
Vater gehörenden Rittergute Schönhausen in der Altmark geboren. Nach
Abschluß der Gymnasialbildung studierte er in Göttingen die Rechte und war
hieraus im Gerichtswesen und in der Verwaltung tätig. Bald jedoch schied
er aus dem Staatsdienste und widmete seine Kraft der Bewirtschaftung der
Familiengüter. Nach dem Tode des Vaters wurde er Besitzer von Schön¬
hausen. Auch verwaltete er das Ehrenamt eines Deichhauptmanns. In
weiteren Kreisen wurde er 1848 bekannt. Als Mitglied des Landtages
verfocht er damals die Rechte der Krone mit aller Entschiedenheit. Nach
dem Wiederaufleben des Bundestages ernannte ihn Friedrich Wilhelm IV.
zum Gesandten in Frankfurt a. M. Bismarck war hier bemüht, der Stimme
Preußens dasjenige Ansehen zu verschaffen, das ihr nach der Zahl seiner