Full text: [Unterstufe, [Schülerband]] (Unterstufe, [Schülerband])

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ganz darauf eingerichtet zu sein, um eine tüchtige Portion ver— 
schlingen zu können. — Gewiß sucht sie sich etwas; denn aus 
Kurzweil macht sie den beschwerlichen Weg in den Furchen nicht 
so oft hin und her. Sieh nur! sie ist gar zu aufmerksam und 
dreht ihren Kopf bald rechts, bald links und guckt dann wiebder 
bedachtsam in die Furche — Aha, da haben wir es! Ein Maͤus— 
chen hat sie erwischt! Dummes Tierchen, daß du gerade jetzt 
aus deiner Wohnung schlüpfen mußtest! Wie es winselt! Wer 
darum bekümmert sich die Krähe nicht. Sie läßt es sich herrlich 
schmecken, und schon ist sie damit fertig. Ein paar Engerlinge 
nimmt sie auch noch zu sich und — schon wieder ein Mäuschen! 
Das heiße ich einen Appetit! Wenn das den Tag so fortgeht, 
so kann sie etwas zusammenbringen. — Dort sitzt eine andere 
auf einem Pfahle am Wege und verdaut wahrscheinlich eine 
genossene Mahlzeit. Sie ist sehr vorsichtig und läßt niemand 
nahe kommen; denn die Krähen sind für ihr Leben gar sehr be— 
sorgt. Ei, was die für eine Stimme hat! Schön ist sie nicht, das 
könnte ich nicht sagen; aber laut ist sie, daß einem die Ohren 
gellen! 
Nun, was ist das auf einmal für ein Geschrei, und woher 
ist diese Menge Krähen so plötzlich gekommen? Ist ein Streit 
ausgebrochen? Die Burschen sind ja toll und wütend und fliegen 
wie besessen umher. — So, sol ein Raubvogel verursacht den 
Lärm. Ein Glück für ihn, daß er so hoch fliegen kann, und seine 
Feinde ihm nicht so weit nachfliegen können. Hui, wie sie grimmig 
auf ihn losschießen und ihm eins zu versetzen suchen! Er weicht 
aber geschickt aus. — Jetzt ist der Zorn abgekühlt, und sie zer⸗ 
streuen sich nach und nach. 
In den Gipfeln hoher Bäume bauen die Krähen ihr Nest 
aus Reisern, Baumwurzeln, Dornzweigen und fütlern es mit 
Moos, Wolle, Federn und Haaren aus Dahinein legen sie drei, 
vier, fünf grünliche, braungefleckte Eier. Kommt der Winter, so 
machen sie Besuche in Doͤrfern und Städten; nicht aber um 
sich nach dem Befinden der Einwohner zu erkundigen, sondern 
um etwas für ihren Magen zu holen. Schlachtet ein Bauer, so 
zeigen die Krähen eine große Teilnahme an diesem Ereignisse. 
Können sie keinen Bissen erwischen, so ergötzen sie sich doch 
wenigstens am Geruche; denn riechen können sie, obgleich ihre 
Nasenlöcher mit Borsten bedeckt ind Mit dem Frühjahre ziehen 
sie wieder ab, ohne Abschied zu nehmen. Es sehnt sich aber auch 
kein Mensch nach ihnen; höchstens freut man sich, wenn sie eine 
gute Feder verlieren, weil man diese zum Zeichnen gebrauchen 
kann.
	        
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