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Römer und Germanen.
trotzt hatte, lebte nicht wieder auf. Der Reichtum wuchs in der Haupt-
stadt und hatte wie überall neben Verfeinerung des Lebens und Pflege
der Künste auch Verweichlichung, Üppigkeit und Lasterhaftigkeit in feinem
Gefolge. Die große Masse des Volkes hing an dem rohen Vergnügen
der blutigen Zirkuskämpse, und selbst edle Kaiser, die diese widerwärtige
Belustigung verachteten, durften dem Volke die Spiele nicht versagen.
Der erste in der Reihe der guten Kaiser war der hochbetagte Senator
Nerva. Er adoptierte den tüchtigsten Mann, der im weiten Römer-
reiche damals zu finden war, den Feldherrn Markus Ulpius Trajanus,
und bestimmte ihn zum Nachfolger.
Trajcm (98 —117) war der beste der römischen Kaiser; er war in
einer alten italischen Kolonie in Spanien geboren und hatte sich im Heere
ausgezeichnet. Er ist der letzte Kaiser, der das Reich um eine Provinz
vergrößert hat.
In zwei Feldzügen unterwarf er die Daker, die das heutige Sieben-
bürgen bewohnten. Er verband die neue Provinz Dakien, in der er
italische Soldatenkolonien anlegte, durch Heerstraßen mit der Küste des
Mittelländischen Meeres.
Auf einem Feldzug gegen die Parther, die den asiatischen Provinzen
des römischen Reiches immer gefährlich waren, fand er seinen Tod.
Hadrian, sein Verwandter, folgte ihm. Er schloß mit den Parthern
Frieden und machte keine Eroberungen. Die Grenzen sicherte er an den
Dort kriegerischen Nachbarn besonders gefährdeten Stellen durch Wälle und
Gräben. — Hadrian unternahm große Reisen, um die Provinzen seines
Reiches vom Firth of Förth bis zu den Nilkatarakten kennen zu lernen
und sich aus eigenem Augenschein über ihren Zustand und die Bedürfnisse
ihrer Bewohner zu unterrichten. Zugleich war er ein Freund der hellenischen
Kunst und von Altertümern jeder Art.
Antoninns Pius, sein Nachfolger, unterschied sich schon dadurch von
seinem Vorgänger, daß er Rom selten verließ. Er war ein ernster, sanft-
mütiger Mann von gleichmäßigem Betragen, fest in allem, was er für
recht erkannt hatte. Auf feinem Landgute in der Nähe von Rom trug
er ein fchlichtes Obergewand, wie es in Latinm gewebt wurde, lebte
einfach und mäßig und freute sich an zwanglosem Verkehr mit seinen
Freunden. Wenn er öffentlich auftrat, zeigte er sich voll Würde, gleich-
gültig gegen das Zujauchzen der Menge, sparsam im Bauen, in Geschenken,
Spenden an das Volk und Anordnung von Spielen. Sein Adoptivsohn
Mark Aurel war in seinem Hanse ausgezogen worden. Er hatte sich
nach dem Vorbilde seines Adoptivvaters gebildet. Schon im zwölften
^.Lebensjahre nahm er die einfache Lebensweife eines stoischen Philosophen
an, er trug ihre Kleidung, gewöhnte sich daran, seinen Hunger mit den
einfachsten Nahrungsmitteln und seinen Durst mit Wasser zu stillen,
schlief auf dem Fußboden und lernte alle Anstrengungen ertragen. Er