§ 34. Die glänzendste Zeit des Kaisertums unter den Hohenstaufen Friedrich I. und Heinrich VI. 95
Papstes die Teilnahme des Kaisers an der Leitung der deutschen Kirche aus? Ver¬
treter der päpstlichen Machtansprüche mar damals Papst Alexander III., der (schon
als Kardinal Roland auf dem Reichstage zu Befangen [1153]) trotzig die
Ansicht vertrat: Das Kaisertum ist ein „Benefizium" (Lehen) des Papsttums.
Von wem hat denn der Kaiser das Reich, wenn nicht vom Papste? (Reinald
von Dassels Widerspruch.) Ihm stellte der Kaiser den Grundsatz entgegen,
„daß er die Reichsgewalt allein von Gott empfangen habe". Einige Jahre
vorher hatte der ehemalige Priester und römische Gewalthaber Arnold von
Brescia die Lehre aufgestellt: Oer Kaiser ist der vom römischen Volke er-
wählte Vertreter der Majestät des römischen Volkes. Arnold von
Brescia hatte aber auch die Ansprüche des Papstes auf weltlichen Besitz be¬
stritten, hatte die „Konstantinische Schenkung" als eine Zabel und das an¬
gemaßte verfügungsrecht über die Kaiserkrone als eine Usurpation
bezeichnet. So war er des Kaisers und des Papstes $eind zugleich ge¬
worden.
Forderung des Papstes an Barbarossa, als Gegengabe für die in Aussicht gestellte
Kaiserfrone Arnold von Brescia auszuliefern. Gefangennahme Arnolds durch Barbarossa.
Todesurteil durch das Kardinalskollegium. Derstreuung seiner Asche im Tiber. Bald darauf
Kaiserkrönung Barbarossas.
Nach Arnold von Bresdas Beseitigung verschärfte das Papsttum wieder seine
Machtansprüche, setzte sich insbesondere mehrfach über die Investiturbestim¬
mungen des tDormser Konkordats hinweg und stellte sich offen auf die Seite der
politischen Feinde des Kaisertums.
Barbarossas Einspruch auf Grund der Gttonisch-salischen Privilegien gegen
Alexanders III. lvahl. Einsetzung eines Gegenpapstes. Alexanders Flucht nach Zrank-
reich. Seine Unterstützung durch die Könige von Frankreich, England und Sizilien.
Seine Parteinahme für die aufrührerischen lombardischen Städte. „Alessandria."
Barbarossas Mißgeschick: erst (1167) eine furchtbare Seuche, der sein bestes Heer erlag,
dann die Niederlage bei Legnano 1176.
Unter dem Eindrucke seiner Niederlage bei Legnano, der Aussichtslosigkeit
seiner bisherigen italienischen Politik und der Unsicherheit der Verhältnisse in
Deutschland (Heinrichs des Löwen Gehorsamsverweigerung) gab Barbarossa
schließlich dem Drängen nach einer Verständigung mit Alexander III.
nach. Im Frieden von Venedig 1177 erkannte Barbarossa Alexander III. als recht¬
mäßigen Papst an, begrüßte ihn vor der Markuskirche durch Kniefall und §uß-
kuß und verzichtete — stillschweigend — auf die Erneuerung des kaiserlichen Ein¬
flusses auf die Papstwahl.
Der Papst aber löste Barbarossa vom Bann, willigte in die Aufrechterhaltung
des Wormser Konkordats, bestätigte die vom Kaiser und seinem Gegen-
papste eingesetzten („schismatischen") Bischöfe und fand sich damit ab, daß die
von ihm begehrten NIathildischen Güter in Barbarossas Hand verblieben.
Ergebnis: Die religiöse Idee, daß dem Papste als dem Stell¬
vertreter petri eine „supranaturalistische" Stellung zukomme,