§ 20. Theoderich der Große und das ©ftgotenreich 45
fehlten. Den schlagenden Beweis dafür erbrachte die römische Verschwörung, die
den Lebensabend des wohlmeinenden Herrschers verdüsterte und in die außer dem Papste
auch römische Männer seines vollen Vertrauens, selbst seiner Verwandtschaft, verwickelt
waren.
Gerade bei dieser Verschwörung zeigte sich aber, daß ein gleich gefährlich er
Gegner wie das Römertum die katholische Kirche war. Sah jenes in dem Goten¬
könig den „Barbaren", so diese in dem Arianer den „Ketzer". Theoderichs überragende
Persönlichkeit ward ihrer noch Herr. Als aber nach seinem Tode sich ©ström mit diesen
Gegnern verband, war das Schicksal der ostgotischen Herrschaft besiegelt.
e) Die Nachwirkung der Persönlichkeit Theoderichs ö. Gr. in der deutschen Volks-
sage. „Don allen Helden aus der homerischen Zeit der Germanen, der Völkerwanderung, hat
die Sage Theoderich, ihren „Dietrich von Bern", am höchsten gestellt und am meisten
bewundert. Als den gewaltigsten Recken an Gliedermatz und Kraft, nicht anders vermochte
die naivere Phantasie des Dolkes sich den Heerkönig auszumalen, der über das Römervolk
und über Rumaburg, die Hauptstadt der Welt, geboten hatte; der Gstgotenherrscher, welcher
über die sonstigen germanischen Reiche eine sanfte Vorherrschaft und obere Leitung aus¬
geübt hatte, ward der Sage zum Sieger über Siegfried und über den starken Hagen, der
alle anderen besiegte. Als größter aller germanischen Helden stieg Dietrich weiterhin empor
zum Hort und Schutzherrn germanischen Volksgeschicks. Wenn im Mittelalter geflüsterte
Nachricht umging, Dietrich sei wieder erschienen und man habe seine Riesengestalt reiten
gesehen mit den Rabenflügeln am Goldhelm, dann sah der Deutsche besorgt in die nächste
Zukunft und bangte um listigen Anschlag wider das Reich. Ja, mit IDotan, dem Toten¬
führer und Götterkönig, hat die Sage die Heroengestalt ihres größten Helden vermengt,
hat ihn zu Wotans Begleiter in der Sturmnacht und sogar ihn selber zum Seelenführer
und wilden Jäger gemacht, fluch den Nordgermanen lebt Thidrek in den Sagen, die ihnen
niederdeutsche, sächsische Seefahrer mittelalterlich zutrugen, fort." (heyck I, S. 87.)
3. Der Untergang des Ostgotenreiches. (Der „Kampf um Rom".)
Nach Theoderichs Tode übernahm seine verwitwete Tochter flmalasunta für ihren
unmündigen Sohn die Regentschaft, parteiungen unter den ostgotischen Großen erschwerten
ihr die Führung des Amtes. Sie hoffte dieses Widerstandes dadurch Herr zu werden, daß
sie nach ihres Sohnes Tode einem Zührer der Gegenpartei die Hand zur (Ehe reichte. Dieser
ließ sie aber bald darauf im Bade umbringen. Den Mord benutzte Kaiser Iustmian von
Ostrom, den Amalasunta mehrmals um Beistand ersucht hatte, als vorwand zum Kriege.
Sein Seldherr Beiisar eroberte Sizilien, Unteritalien und Rom und nahm nach harten
Kämpfen den neuen Gotenkönig Witiges in Ravenna gefangen. Die Goten trugen
Beiisar ihre Krone an. Er schlug sie aus. Nun wählten sie Totila zum Konige. Er drängte
die Byzantiner zurück, eroberte sogar Rom, erlag aber dem Nachfolger Beiisars, Narses,
bei Taginä. Am Vesuv setzte sich das Gotenheer unter Teja noch einmal Zur Wehr.
Es erlitt eine neue vernichtende Niederlage. Auch Teja fiel nach Heldenmütigem Wider¬
stände 553. Dem Reste des Gotenheeres wurde freier Abzug gewahrt. Er ist spurlos m
der germanischen Bevölkerung der Alpen untergegangen.1) Klemere Abteilungen der
Goten leisteten in festen Plätzen Italiens noch zwei Jahre lang Widerstand. 555 war ganz
Italien eine Provinz des oströmischen Reiches. Aber sie blieb es nur auf 13 jähre.
1) ffin «einet auf det Halbinsel Ktim lebhaftet Dollsteil det Solen hatte (ich bet Ab-
roanbetung zu hetrnantich- Zeit nicht ansefchloiien. Zhten Sputen ist man im 16. Z-chthundett
durch Sprachvergleichung begegnet.