Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren (Teil 2)

§ 63. Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst. 261 
Zur Erhaltung des Heeres wie zur Hebung des Landes bedurfte 
Friedrich Wilhelm bedeutender Geldmittel; aber die Steuern waren in 
allen Landesteilen verschieden, mußten den werden 
und wurden nrm tftnett erftnfiprt Die Adliqen. GListLÜLL. 
und Schulzen waren-steuerfrei; auch die Städter, besonders die herrschenden 
Familien, wußten sich meistens zu befreien, so daß mancher Bauer ebenso¬ 
viel zahlte wie eine aarn^Stadt. Königsberg zahlte itttfiR Dabei 
hatten die Städte nicht nur dem Landesherrn, sondern auch dem niederen 
Volke gegenüber ihre Gerechtsame stets weiter ausgedehnt. In den Städten 
führten meist wenige patrizische Familien das Regiment und bereicherten 
sich auf Kosten der ärmeren. Die Rittergutsbesitzer hatten vielfach die 
in den Kriegen verarmten Bauern „ausgekauft" oder wüste Höfe an sich 
gebracht und mit Hörigen besetzt; die ihnen zustehende niedere Gerichts¬ 
barkeit mißbrauchten sie nicht selten zur Unterdrückung der Bauern. Aus 
dieser unfreien Lage konnte der Kurfürst die Bauern nicht befreien; aber 
die Steuerlast hat er den unteren Ständen erleichtert. HVor allem wollte 
er die Steuern gerechter verteilen, sie in eine regelmäßig fließende um¬ 
wandeln und durch seine Beamten erheben und verwalten lassen. Als 
gerechteste Steuer betrachtete er die Äkrise. d. i. fine 
von in- und ausländischen Verbrauchsgegenständen. Der erste Versuch 
des Kurfürsten, sie einzuführen, scheiterte aiTBent Widerspruch der Stände; 
später führte er sie in einigen märkischen Städten ein, und da sie sich 
bewährte, nach und nach im ganzen Lande. Die Domänen waren bis 
dahin für Rechnung des Landesherrn verwaltet und ihre Erträge für den 
Hofhalt sowie zur Besoldung der Beamten benutzt worden; der Kurfürst 
ging indem er die 
Domänen verpachtete und den Beamten ein Gehalt in barem Gelde aus¬ 
setzte. Auch nahm er das Münzrecht sowie den Alleinhandel lMonovLl! 
.mit Salz, das er von Lüneburg bezog, und mit Mühlsteinen für sich in 
Anspruch. Die Stände schrien über Vergewaltigung, klagten über harten 
Druck und baten um Erleichterung der Militärlast; der Kurfürst ließ sich 
aber weder erweichen noch einschüchtern, und bald mußten die meisten 
bekennen, daß er nur das Beste des Landes im Auge gehabt habe. Für 
sich selber brauchte er wenig; nur bei fürstlichen Besuchen oder auf Fürsten¬ 
versammlungen ließ er es an Glanz nicht fehlen. So hat der Große'- 
Kurfürst die jbeiden Hauptstützen des Brandenbnrgisch-preu- 
ßischen Staates errichtet: ein starkes Heer und sichere Staats-l 
einnahmen. 
3. Krweröung der Landeshoheit in Preußen. 
a. Der Schwedisch-polnische Krieg. Königin Christine verzichtete 
1654 auf sdie Krone, indem sie ihren Vetter Karl Gustav von Pfalz-
	        
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