Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren (Teil 2)

262 Die Neuzeit. Zweite Periode, 1648—1789. 
Zweibrücken zu ihrem Nachfolger ernannte, und trat zur katholischen 
Kirche über (©. 215). Karl X. Gustav, ein ehrgeiziger, kriegslustiger 
König, suchte die Unzufriedenheit unter seinem Volke sowie seine Geld¬ 
verlegenheit durch einen Erobernngs- und Beutekrieg zu beseitigen, und 
da ihm König Johann Kasimir von Polen, Sigismunds Sohn, die An¬ 
erkennung versagte, griff er das zerrüttete Polen an. (1655.) 
Kurfürst Friedrich Wilhelm faß zwischen beiden kriegführenden Mächten 
und konnte nicht neutral bleiben. Von keinem der beiden konnte er Wohl¬ 
wollen erwarten; deshalb rüstete er, schloß auch mit Holland und den west- 
preußischen Ständen ein Verteidigungsbündnis, hielt sich aber vorläufig vom 
Kriege fern, um feine Hilfe, die von beiden eifrig begehrt ward, demjenigen 
zu gewähren, der ihm am meisten Vorteile bieten würde. Karl Gustav fand 
anfänglich in Polen geringen Widerstand, so daß er den Kurfürsten im 
Pertrage zn Königsberg (1656) zwingen konnte, statt der polnischen die 
ichwedlsche LehnshobLit über Preußen anzuerkennen, ihm die preußischen 
Häfen zu öffnen und ein Hilfsheer zu stellen. Damit hatte der Kurfürst 
feine Lage verschlechtert und feine Lehnspflicht verletzt; aber er hatte nur 
der bitteren Notwendigkeit gehorcht und hoffte, bald von dieser ihm lästigen 
Fessel frei zn werden. In Polen war indessen ein großer Volksaufstand 
gegen die Schweden aufgebrochen; Johann Kasimir hatte feine Hauptstadt 
Warschau zurückerobert und erwartete an der Spitze von mehr als 40000 
Mann in einer verschanzten Stellung das schwedisch-brandenburgische Heer. 
Um nun ün dem Kurfürsten einen willigen Verbündeten zu haben, versprach 
Karl ihm im große Strecken des zit erobernden 
polnischen Gebiets, worauf ihm der Kurfürst mit feiner gesamten Macht 
zu Hilfe eilte, und vereint lieferten beide den Polen die dreitägige Schlackt 
bei Warschau, die sie hauptsächlich durch die Überlegenheit der branden» 
burgischen Truppen gewannen. 
Die Sieger zogen in Warschau ein, mußten es aber bald wieder 
raunten; denn die Polen rafften sich wieder auf, und Österreich, Rußland, 
Dänemark und Holland bildeten eine Koalition gegen Schweden. Hollän¬ 
dische und dänische Schiffe erschienen in der Ostsee, die ein schwedisches 
Meer zu werben drohte; die Russen, die damals ganz von der Ostsee ab¬ 
geschlossen waren, sielen in Livlanb ein, itttb bie Polen besetzten bas wichtige 
Danzig. Der Kurfürst wünschte baher, von bent gefährlichen, ihm aufge- 
brungenen Bünbnis loszukommen, Karl Gustav aber bot alles auf, ihn fest¬ 
zuhalten, unb erkannte ihn in bent Vertrage zu Labian als unab- 
1656 hängigen Herzog von Preußen an. Als nun ber Kaiser ein Heer in 
Schlesien einrücken ließ unb bie Dänen in bas Herzogtum Bremen sowie in 
Holstein einfielen, mußte ber Schwebenkönig Polen aufgeben unb an bie 
Weser eilen. Ans seinem Durchzuge burch bie Mark hauste er dort wie im 
Feinbeslanbe. Friebrich Wilhelm war weber geneigt noch im stanbe, ben
	        
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