Der Preußische Staat. 515
2. |)te römisch-katholische Kirche.
An ihrer Spitze steht der Papst. Ihr unbeschränktes Gebiet ist in Erzbis¬
tümer und Bistümer geteilt, die von Erzbischöfen und Bischöfen verwaltet werden.
In Preußen bestehen zwei Erzbistümer und zehn Bistümer, nämlich: das Erz¬
bistum Posen-Gnesen mit dem Bistum Kulm; das Erzbistum Cöln mit
den Bistümern Trier, Münster und Paderborn; die Bistümer Fulda und Limburg;
die Bistümer Breslau, das auch einen Teil von Österreich-Schlesien umfaßt, Erm-
land, Hildesheim und Osnabrück sind unmittelbar dem Papste unterstellt. Die
katholische Kirche hat keine Synodalordnung und gewährt den Laien nur Einfluß
aus die Vermögensverwaltung der Kirchspiele durch gewählte Vertreter. Auch dem
Staate gegenüber ist die katholische Kirche sehr selbständig; doch steht ihm das Ein¬
spruchsrecht gegen die zu ernennenden Geistlichen zu, auch müssen die Bischöfe und
Erzbischöfe dem Könige den Treueid leisten, und die Niederlassung von Ordens¬
gesellschaften ist von der Genehmigung des Staates abhängig.
§ 18. Die Provinz.
Die Verwaltung der Provinz liegt teils den Staatsbehörden ob, teils ist
sie Sache der Selbstverwaltung und durch Provinzial-, Kreis-, Städte- und
Gemeinde-Ordnungen geregelt.
Der oberste staatliche Zivilbeamte der Provinz ist der Oberpräsident. Unter¬
dessen Leitung oder Oberaufsicht stehen das Provinzial-Schulkolleglun^AZ'Medizinal¬
kollegium, die Generalkommission für Ablösung, Gemeinheitsteilung usw., die Pro¬
vinzial-Steuerdirektion und'öle Königlichen Regierungen. Das Provinzial-Schul-
Iollegmrirftthrt™trre Aufsicht über die höheren Schulen (Gymnasien, Realgymnasien,
Realschulen, Progymnasien), die höheren Mädchenschulen, Lehrer- und Lehrerinnen¬
seminare, Präparandenanstalten, Handelsschulen usw. Unabhängig vom Oberpräsi¬
denten sind die Gerichte, Post- und Eisenbahndirektionen sowie die Militärver¬
waltung.
Die Provinz bildet zur Selbstverwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten
einen Kommunalverband. Jeder Kreistag (s. u.) der Provinz wählt je nach der Zahl
der Einwohner des Kreises zwei oder drei Abgeordnete für den ProvIvLia llandtag ,
der meistens alle zwei Jahre einmal vom Könige berufen wird"unts Mer ANgölegkN-
heilen der Provinz berät und beschließt: über Verwaltung des Provinzialvermögens,
Besoldung der Beamten der Provinzialverwaltung, über die unter der Provinzial¬
verwaltung stehenden Taubstummen-, Blinden-, Irrenanstalten, über Landstraßenbau,
Hebung der Landwirtschaft, Bodenverbesserung usw. Für die Verwaltung der lau¬
fenden Geschäfte der Provinzialverwaltung wählt der Provinziallandtag auf 6 bis
12 Jahre einen obersten provinzialständigen Beamten mit dem Titel Landes-
direktor (Landeshauptmann), der aber der Bestätigung des Königs öedars, und
auf je sechs Jahre einen Provinzial aus fchuj$A bet aus 7—13 Mitgliedern, einem
Vorsitzenden und bem LanAesdirektorbeMM AerAusschuß versammelt sich nach Be-
bürsnis. Er hat die Beschlüsse der Provinzialversammlung vorzubereiten und aus¬
zuführen, das Vermögen und die Anstalten zu verwalten, Provinzialbeamte zu
ernennen und durch die Staatsbehörden eingeforderte Gutachten abzugeben. Der
Landesdirektor ist, ebenso wie die ihm beigegebenen Landesräte, ein besoldeter Beamter
und steht an der Spitze der ganzen Provinzialverwaltung.
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