Die Kreuzzüge. 43
Konstantinopel. Die übrigen fanden bis auf einige Entflohene in Klein-
asien ihr Grab. Diesem Zuge folgten in demselben Sommer noch
mehrere und schlimmere; sie begannen mit der Bekämpfung der Un-
glaubigen, namentlich der Juden, schon im Abendlande. In Ungarn
erfolgte ein allgemeines Aufgebot, um dieses Gesindel fernzuhalten; hier
fanden auch alle ihr Grab.
Das eigentliche Kreuz Heer brach erst Mitte August auf. Be¬
rühmte Helden standen an der Spitze desselben; der edelste unter ihnen
war Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothrinqen. 1096
Er hatte tapfer für Heinrich IV. aefochten; in der Schlacht bei Mölsen
soll er — damals noch ein Jüngling — den tödlichen Schlag auf den
Gegenkömg Rudolf geführt haben. Zum Lohne für seine treuen Dienste
hatte er das Herzogtum Niederlothringen erhalten. Jetzt stand er in der
Blüte der Kraft und war nach Leib und Seele ein treffliches Vorbild
für jeden Ritter. Er führte ein Heer von 90 000 Mann; in der besten
Ordnung zogen sie durch Deutschland, Ungarn und gelangten glücklich
bis vor Konftantinopel. Hier vereinigten' sie sich mit den anderen
Heeren, he teils zu Lande, teils zur See aus Nord- und Südfrankreich
und aus Süditalien dorthin gekommen waren. Das ganze Heer be¬
trug etwa 400 000 Streiter, mit Weibern, Kindern und Knechten aber
wohl 600 000 Köpfe; eine einheitliche Leitung fehlte, jeder Fürst führte
ferne Schar.
Der griechische Kaiser Alexius geriet in Besorgnis vor einem so
gewaltigen Heere. Er forderte von den Führern den Lehnseid für alle
im Morgenlande zu erobernden Ländergebiete. Gottfried und die meisten
übrigen Führer leisteten ihn; dann wurden sie nach Kleinasien übergesetzt
Hier begann für das Heer eine Zeit der Trübsal. „Viel' Steine'gab's
und wenig Brot." Durch die ungewohnte Sonnenglut, durch Hunaer,
Seuchen und die fortwährenden Angriffe der Feinde wurden die Reihen
der Kreuzfahrer sehr gelichtet. Uber Nicäa aing's nach Antiochien
Unterwegs trennte sich Gottfrieds Bruder Balduin vom Hauptheere'
wandte sich gegen den Euphrat und gründete in dem von ihm eroberten
Edessa das erste christliche Reich im Morgenlande. Das übrige Heer
erreichte endlich, wenn auch bedeutend geschwächt. Antiochien und begann
die Belagerung der Stadt. Aber im Lager herrschte Hungersnot, als
zum Glück eine Flotte aus Genua neue Pilger und Lebensmittel brachte
Da erscholl plötzlich die Kunde, der Sultan Kerboga aus Mosul am
Tigns rucke mit einem großen Heere zum Entsätze von Antiochien heran,
^n dieser No ermannten sich die Kreuzfahrer zur Eroberung der Stadt •
mittelst Snckleitern erstiegen sie in der Nacht die Mauern Aber sie
fanden nur geringe Vorräte an Lebensmitteln; drei Tage nach der Ein-
nahme ruckte das große Heer Kerbogas schon heran, 'und so wurden
aus den Belagerern Belagerte. Hungersnot stellte sich ein; alle sahen
sicheren Tod vor Augen. Da erschien ihnen ein Retter in einem
Geistlichen. Er erzahlte eines Morgens, der Apostel Andreas sei ihm
m der Nacht viermal im Traume erschienen und habe ihm gezeigt, wo
m der Pewkirche die Lanze vergraben liege, mit welcher die Seite des
Herrn durchbohrt sei. Man grub an der bezeichneten Stelle nach und