90 Friedrich Wilhelm III.
Krieg vier Monate ruhte. Napoleon stutzte! es war die erste Schlacht,
dieser nicht gewonnen hatte; er merkte wohl, daß dies nicht die Preußen
von Jena seien, und bot Friedrich Wilhelm einen vorteilhaften Frieden
an. Dieser aber war zu ehrenhaft, um seinen Bundesgenossen im Stich
zu lassen. Diese Schlacht hob den Mut der Vaterlandsfreunde wieder
etwas. Da trafen neue Unglücksbotschaften aus Schlesien ein: Breslau,
Glogau, Schweidnitz und Brieg hatten sich ergeben; sogarNeisse
fiel nach hartnäckiger Verteidigung. Kosel und Glatz dagegen hielten
sich noch bis zum Juni, und das in Felsen gehauene Silberberg
spottete jedes Angriffs. Das herrlichste Beispiel einer tapferen Ver¬
teidigung lieferte Kolberg, wo das getreue und starke pommerfche Volk
die rechten Führer, Schill, Netelbeck und Gneisenau, fand.
©rauben3 berteibigte ber greife General E o u r b*i e r e; als ein französischer
Oberst ihn zur Übergabe aufforberte unb ihm vorlügen wollte, es gebe feinen
König von Preußen mehr, entgegnete er: „Nun, so bin ich König von Graubenz."
Auch Danzia hielt sich unter bem General von Kalkreuth bis Enbe Mai;
als es bann von bem russischen Felbherrn von Bennigsen, ber ben Ober¬
befehl über bas verbündete Heer hatte, nicht entsetzt würbe, kapitulierte es unter t
ehrenvollen Bebingungen. Als bie Franzosen der Feste Pillau nahe kamen,
ließ ber Befehlshaber die ©olbaten auf einem öffentlichen Platze unters Gewehr
treten. Dahin hatte er einen ©arg bringen lassen, unb angesichts dieses offenen
Sarges rebete der tapfere Mann seine Soldaten also an: „Kameraben, lebenbig
übergebe ich bie Festung nicht; hier ist mein Sarg, bahinein legt nach meinem
Tobe meine Überreste; wer es mit mir hält, ber schwöre: Preußen oder Tod!"
Die wackeren Ostpreußen schwuren feierlichst, unb — Pillau warb gerettet. Solche
Erfahrungen erquickten bie königliche Familie.
Eines Tages ließ sich ein Bauer nebft feiner Frau bei bem Königspaar
anmelden. Die Bauersfrau brachte ihrer lieben Lanbesmutter einige Pfund
frischer Butter, recht sauber in Kohlblätter geschlagen. Herzlich bantenb nahm
die Königin bas Geschenk an. Da begann auch der Bauer etwas zum Könige
zu sagen: „Aha, merke schon," unterbrach ihn ber König, „Ihr bringt mir ben
Käse zu ber Butter." Aber ber gute Mann hatte etwas anberes als Käse in
seinem Beutel. Er fuhr also in seiner Rebe fort: „Wir haben erfahren, baß
nnsers Königs Kasse ganz leer ist; ba haben wir nun unsere Ersparnisse zu¬
sammengebracht aus unserer ©emeinbe unb haben beigesteuert zu einem Geschenke
für unfern armen, gnäbigen König." Da fiel ihm ber König wieber in bie
Rebe unb sprach: „Nein, nein, nicht arm, so lange ich noch solche Bauern zu
Unterthanen habe." Er staunte aber nicht wenig, als ber Bauersmann 2 000 |
blanke Golbstücke auf ben Tisch schüttete.
d. Schlacht bei Friedland; Friede zn Tilsit. Von neuem ward
von beiden Seiten aufs eifrigste gerüstet; wieder versprach Alexander,
seinen Freund, den König von Preußen, nicht zu verlassen. „Nicht wahr."
rief er mit Thränen in den Augen, „keiner fällt allein? Entweder beide
>,i zusammen, oder keiner von beiden!" Aber das russische Heer erlag in
1807 der entscheidenden Schlacht bei F^ie.dl.and. die vom Morgen bis um
Mitternacht währte. Napoleon hatte die Übermacht und konnte immer
neue Truppen ins Gefecht führen; zuletzt ermüdeten die Russen und flohen