Object: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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der Kurfürsten, Herzöge, Grafen und Bifchöfe des deutschen Rei¬ 
ches. Aller Augen schauten auf ihn. Man zeigte ihm die Bücher 
vor, die er geschrieben, und fragte ihn, ob er sie für die feiuigen 
erkenne und ob er sie widerrufen wolle. Die erste Frage bejahte 
er; wegen der zweiten bat er, weil sie den Glauben und die 
Seligkeit beträfe und es vermeßlich wäre, etwas Unbedachtes zu 
erklären, um kurze Bedenkzeit. Und als man nun am nächsten 
Tage eilte runde, richtige Erklärung verlangte, ob er widerrufen 
wolle oder nicht, sprach er mit fester Stimme: „Weil denn Kai¬ 
serliche Majestät, Kurfürstliche und Fürstliche Gnaden eine schlichte, 
einfältige, richtige Antwort begehren, so will ich eine geben, die 
weder Hörner noch Zähne haben soll, nämlich also: „Es sei denn, 
daß ich mit Zeugnissen der heiligen Schrift oder mit klaren und 
hellen Gründen überwunden und überwiesen werde, so kann und 
will ich nichts widerrufen, weil weder sicher noch gerathen ist, 
etwas wider das Gewissen zu thun. Hier stehe ich, ich kann nicht 
anders, Gott helfe mir! Amen." 
4. Die Wirkung seiner Rede. — Luther hatte nicht 
vergeblich geredet. Selbst der gestrenge Kaiser sagte: „Dieser 
Mönch spricht unerschrocken und mit großem Muthe". Der alte 
Herzog Erich von Braunschweig, sonst ein Feind der neuen Lehre, 
schickte ihm eine silberne Kanne voll Eimbecker Bier, daß er sich 
damit erquicke. Besonders freute sich der Kurfürst Friedrich der 
Weife über Luthers Freimüthigkeit. „Gar schön", sagte er am 
Abend des Verhörs zu einem Vertrauten, „gar schön hat Doktor 
Martinns geredet vor dem Herrn Kaiser und allen Fürsten des 
Reiches; er ist mir nur zu herzhaft gewest". Und viele tapfere 
Edelleute kamen in Luthers Herberge, hießen ihn gutes Muthes 
fein und sprachen: „Man sagt, sie wollen euch verbrennen, aber 
das muß nicht geschehen; sie müßten eher alle mit verderben". 
Einige Fürsten suchten ihn indeß noch durch gütliches Zureden 
zum Widerrufe zu stimmen; er aber antwortete: „Ist dieses 
Werk aus Menschen, so wird es bald untergehen; ist es aber aus 
Gott, so werdet ihr es nicht dämpfen können". Darauf drangen 
seine heftigsten Widersacher in den Kaiser, er möge dem hart-
	        
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