Full text: Alte Geschichte (Teil 1)

Alexanders Krieg gegen Persien. 55 
Dann streichelte er es, ließ heimlich seinen Mantel fallen und — ein Sprung, 
bn saß er auf dem wilden Rosse! Blitzschnell flog das Tier mit der ungewohnten 
Last davon, und Philipp und alle Umstehenden zitterten für das Leben des ver- 
wegenen Reiters. Als sie ihn bald umkehren sahen und bemerkten, wie er das 
Roß nach Belieben tummelte, hierhin und dorthin lenkte, da erstaunten alle, und 
der glückliche Vater vergoß Freudeuthränen. Er schenkte seinem Sohne das edle 
Roß,' 'und Bucephalus hat seinen Herrn nach Afrika und durch Asien bis nach 
Indien getragen. 
b. Regierungsantritt. Im Alter von zwanzig Jahren ward 66b 
Alexander König. Die von seinem Vater unterjochten Völker glaubten, ™ 
sich von der Gewalt des jugendlichen Herrschers leicht befreien zu können, ö ^ 
und erhoben sich; die Athener nannten ihn spöttisch einen unerfahrnen 
Knaben. Alexander erwiderte: „Unter den Mauern Athens werde ich 
ihnen zeigen, daß ich ein Mann bin," und brach sofort mit einem Heere 
auf. Eiligst' unterwarfen sick die Griechen, und der junge König be- 
zwang in kurzer Zeit auch die Völker im Norden und Westen seines 
Reichs. Da verbreitete sich plötzlich das Gerücht, Alexander sei umge¬ 
kommen; Demosthenes forderte die Griechen auf, das verhaßte Joch 
abzuwerfen, und die T heb an er verjagten schon aus ihrer Burg die 
macedonische Besatzung. Aber schnell war Alexander da und eroberte 
und zerstörte Theben. Nur die Tempel, die Burg und auch das Haus 
des Dichters Pindar verschonte er, weil dieser die Sieger in den 
griechischen Kampfspielen besungen hatte. Ein so fürchterliches Beispiel 
der Strenge verbreitete Schrecken über ganz Griechenland. Alle beugten 
sich vor dem gewaltigen Sieger und wählten ihn, wie einst seinen Vater, 
in Korinth zum Anführer gegen die Perser. 
Zu Korinth lebte damals ein sonderbarer Mann, mit Namen Diogenes. 
Er trug einen langen Bart, einen zerlumpten Mantel, einen alten Ranzen und 
wohnte in einer Tonne. Wie Alexander alles, so wollte Diogenes nichts besitzen 
und warf sogar sein Trinkgeschirr entzwei, als er einen Knaben'aus der Hand 
trinken sah. Alexander begehrte den Sonderling zu sehen und ging zu ihm. 
Diogenes saß gerade vor seiner Tonne und sonnte sich. Alexander grüßte ihn 
freundlich, unterredete sich lange mit ihm und sand seine Antworten sehr ver- 
ständig. Zuletzt fragte er ihn: „Kann ich dir eine Gunst erweisen?" „O ja", 
versetzte Diogenes, „geh' mir ein wenig aus der Sonne!" Hierüber erhoben die 
Begleiter Alexanders ein lautes Gelächter. Alexander aber wandte sich um und 
sagte: „Wäre ich nicht Alexander, so möchte ich Diogenes sein." 
c. Alexanders Krieg gegen Persien. 1. In Kleinasien. Als 
so Griechenland wieder seiner Herrschaft unterworfen war, ging Alexander 
an die Ausführung des von seinem Vater ererbten Planes, das Perser- 
reich zu bekriegen. Zuvor wollte er aber das Orakel fragen; die 
Priesterin verweigerte ihm dasselbe, weil er an einem Tage kam, wo 
das Gesetz verbot, das Orakel zu befragen. Da zog er die Pythia mit 
Gewalt in das Heiligtum, so daß die Priesterin ausrief: „Mein Sohn, 
du bist unwiderstehlich!" Diesen Ausspruch hielt Alexander für die 
günstigste Antwort auf seine Frage. Im Frühlinge des Jahres 334 
brach er mit dem Heere der verbündeten Griechen und Macedonier nach 
Persten auf, setzte über den Hellespont und sprang iu voller Rüstung 
zuerst an das User von Asien, indem er rief: „Mein ist Asien, es 
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