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Die Russen zogen sich auf das linke Narewufer zurück und verteidigten
nur noch die Brückenköpfe. In diesen Kämpfen büßten sie bald 30 000
Gefangene ein.
Nun näherten sich unsre Heere immer mehr den Festungen am
Narew. Vor Ostrolenka nahm Scholtz eine wichtige Stellung und vor
Roschan Gallwitz ein Vorwerk (bereits am 20. Juli). Doch gab es noch
harte Kämpfe, in denen sich auch der Landsturm auszeichnete; die Russen
hatten eben wie überall so auch hier viele Reihen von Schützengräben
hintereinander angelegt. Am 23. Juli erstürmten die Truppen von
General Gallwitz in zähem, unwiderstehlichem Ansturm die beiden
Narewsestungen Pultusk und Roschan und gewannen damit die
dortigen Flußübergänge und Brücken. Damit war nun eine breite
Bresche in die befestigte Narewlinie gelegt, und die deutschen Truppen
konnten fortan zwischen Pultusk und Roschan ungehindert den Narew
überschreiten und nach Süden zu vordringen. Dadurch ward nun auch
Warschau von Nordosten her gefährdet, deshalb betrieben seitdem die
Russen Warschaus Räumung erst recht. Daß Warschau und Jwaugorod
so schnell fallen konnten, verdankten wir auch dem siegreichen Durch¬
bruch der Narewfestungslinie bei Pultusk und Roschan; denn seitdem
konnte Warschau auch im Osten umzingelt werden.
Am gleichen Tage (23. Juli) schlug Belows Armee nach zehntägigem
Marsch und Kamps die Russen bei Schadow, östlich von Schaulen und
nördlich von Kotono (Kauen). So ward auch im Norden der Ring der
russischen Linie durchstoßen. Die gesamte russische Festungslinie in
Nordpolen geriet nun in Gefahr. Deswegen machten nun die Russen
am Narew die verzweifeltsten Gegenangriffe, um die Deutschen über
den Narew nach Norden zurückzuwerfen. Aber sie büßten ihre Versuche
mit starken Verlusten, und unsre Truppen schritten immer weiter nach
Süden und Westen und Osten vor.
Nunmehr richteten sich unsre Angriffe mehr auf das Festungsdreieck
Nowogeorgiewsk-Warschau-Serock, das das Mündungsgebiet von
Bug und Narew schützt. Mit Macht drangen wir von Norden her auf
Nowogeorgiewsk ein, und es kam dort von Ende Juli an zu heftigen Ge¬
fechten, wie besonders bei Nasielsk und an der Wkra, die von Norden
her in den Narew fließt. Wie heftig diese Kämpfe in Nordpolen und
Kurland gewesen waren, erhellt daraus, daß im Juli von der Ostsee bis
an die Piliza 95 000 Russen in Gefangenschaft gerieten; auf dem süd¬
lichen russischen Kriegsschauplatz waren es 75 000.
Im August setzten sich die Kämpfe an der Narewfront fort. Ostro¬
lenka ward am 3. August bezwungen, am 5. Warschau. So heftig sich nun
auch die Russen an der Straße Lomscha—Ostrow—Wyschkow wehrten,
sie erlagen doch deutscher Tapferkeit. Gallwitz und Scholtz behaupteten
das Feld. Schon war auch das erste Werk vor Nowogeorgiewsk ge¬
fallen. Nach Warschaus Fall war nun diese wichtige Festung ganz