Full text: Die Neubildung der europäischen Kulturwelt durch Christentum und Germanentum (Das Mittelalter), die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) [bis zum Westfälischen Frieden] (Bd. 2)

Die großen überseeischen Entdeckungen. 127 
Doch erkannte schon Kolumbus selbst, daß der Weg nach dem eigentlichen 
Indien noch nicht entdeckt war. Da somit die hochgespannten Erwartungen, 
die seine ersten Erfolge erweckt hatten, sich zunächst nicht erfüllten, sank sein An- 
sehen bei den Zeitgenossen und der große Entdecker starb, seiner Ämter und Würden 
beraubt, in Enttäuschung und Verbitterung zu Valladolid. Die Überreste des f 1506 
kühnen Seefahrers ruhen seit 1899 in Sevilla. 
Zur Überzeugung, daß die neuen Westländer einen eigenen Erdteil 
bildeten, kam man, als der Spanier B a l b ö a die Landenge von Panama 
überschritt und den G r o ß e n O z e a n vor sich sah. Diesen durchquerte 1513 
auf dem südwestlichen Seeweg (um die Südspitze Amerikas herum) der 
in spanischen Diensten stehende Portugiese Magalhaens (spr. Magal- 1519 
jänsch); er gelangte glücklich nach den (später so genannten) Philip- 
p i n e n, wurde aber von den dortigen Eingebornen erschlagen. Einer 
seiner Begleiter, E l c a n o, setzte mit dem Reste der Mannschaft die Reise 
fort, umfuhr das Kap der Guten Hoffnung und kam so endlich wieder 
nach Spanien: drei volle Jahre hatte diese erste Weltumsegelung in An- 1522 
spruch genommen. 
Von den westindischen Inseln aus faßten dann die Spanier festen 
Fuß auf dem mittelamerikanischen Kontinent und nun begann die Tätig- 
keit der Conquistadoren (Eroberer). Ferdinand Cortez unter- 
warf das Reich der A z t e k e n in Mexiko und entdeckte Kalifornien; 1521 
Franz P i z a r r o stürzte die Herrschaft der I n k a in dem gold- und filber- 
reichen Peru, während sein Waffengenosse A l m ä g r o durch einen kühnen 1532 
Zug über die Anden Chile erreichte. 
Auf dem amerikanischen Festlande fanden die Spanier hochentwickelte 
Völker mit geordnetem Staatswesen. Als Begründer dieser eigenartigen Kultur 
gelten die Maya stamme in Zentralamerika. Sie trieben Handel und Schiff- 
fahrt, bauten wohlangelegte Städte und errichteten prachtvolle Tempel (in 
Pyramidenform). Die Religion der Maya beruhte auf der Verehrung der Sonne. 
Noch heute zeugen großartige Ruinen mitten in den Urwäldern von dieser unter- 
gegangenen Kulturwelt. Ähnlich waren die Zustände bei den Azteken und Inka. 
Um Besitzstreitigkeiten wegen der neuaufgefundenen Länder zu vermeiden, 
wurde unter Zustimmung des Papstes Alexander VI. ein Teilungsvertrag zwi- 1494 
schen Spanien und Portugal geschloffen, der einen Meridian 370 Mellen west¬ 
wärts der Insel des Grünen Vorgebirges als Grenzlinie festsetzte. Alles östlich 
davon gelegene Gebiet (demnach auch Brasilien) fiel an Portugal, alles westlich 
gelegene an Spanien. 
Für die emgeborne Bevölkerung Amerikas war die spanische Herrschaft 
zunächst ein Unglück. Die Indianer der Antillen wurden durch harte Zwangs- 
arbeit auf den Plantagen und in den Bergwerken fast vollständig aufgerieben, 
und als der warme Fürsprecher der Eingebornen, der edle Priester LasCasas, f 1566 
für die anstrengende Arbeit die stärkeren afrikanischen Neger empfahl, hatte das 
den grausamen Sklavenhandel zur Folge. Nur die Indianer des Festlandes 
entgingen der völligen Vernichtung hauptsächlich durch die Bemühungen der Mis- 
sionare, die sich um die kulturelle Hebung der Indianer große Verdienste erwarben.
	        
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