Full text: Die Neubildung der europäischen Kulturwelt durch Christentum und Germanentum (Das Mittelalter), die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) [bis zum Westfälischen Frieden] (Bd. 2)

44 Die wichtigsten Erscheinungen in den außersränkischen Ländern. 
Loire ansiedelten und schließlich den normannischen Führer, der zum Christentum 
übertrat, mit diesen Ländern lNormandie und-Bstrnffn?) fipM-mtrn — 937 er¬ 
losch das karolingische Königsgeschlecht auch in Westsranken. Die westfränkische 
j^.987 (ftanzösische) Krone fiel an den Herzog Hugo Kapet. 
Rückblick und Ergebnisse. 
Trotz der kraftvollen Tätigkeit Karls d. Gr. war die staatliche Zusammen- 
faffung der abendländischen Christenheit zu einem Gesamtreich mißlungen 
und die Entstehung nationaler Teilreiche vor sich gegangen (Mund 
Westftanken, Burgund, Italien). Im Innern dieser Teilreiche trat ein 
Verfall der Königsmacht ein, der die Erstarkung der Stammessürsten- 
tiimer zur Folge hatte. In geistiger Beziehung verursachten die unauf- 
hörlichen äußeren und inneren Kämpfe einen Rückgang der Bildung und 
Sittlichkeit. Doch blieben die Kirche und besonders die Klöster Stütz 
punkte geistigen und sittlichen Lebens. 
Auch finden sich in Deutschland Anfänge dichterischer Tätigkeit in deutscher 
Sprache. Das Wessobrunner Gebet und das Gedicht Muspilli (Welt- 
brand), beide in altbayerischer Mundart, schildern das eine die Weltschöpfung, 
das andere den Weltuntergang. Der Heliand und der Krist, sog. Evangelien- 
Harmonien, erzählen das Leben des Heilands, ersterer in sächsischer, letzterer in 
fränkischer Mundart. Das Ludwigslied (in fränkischer Mundart) ist auf den 
Sieg eines weftftänkifchen Königs Ludwig über die Normannen gedichtet. 
Die Wichtigsten Erscheinungen in den autzerfränkischen 
Ländern. 
A:, Die Normannen. 
Um dieselbe Zeit etwa, als die Wanderung der Ost- und der West- 
germanen ihren Abschluß fand, begann die Ausbreitung der Nordger- 
manen. In Skandinavien waren drei Reiche entstanden, Dänemark, 
Norwegen und Schweden, die unter sich in häufigen Kämpfen lagen. Die 
nämlichen Ursachen, die seinerzeit die festländischen Germanen zur Wan- 
derung veranlaßt hatten, namentlich Übervölkerung, führten nun auch 
die Skandinavier als kühne Seefahrer (Wikinger) über die Meere und be- 
wirkten in Ost-, Nordwest- und Südeuropa wichtige normannische 
Staatengründungen. 
a) In Osteuropa: Normannische Scharen, die von den osteuropäischen 
Slaven Russen (Rodsen = Ruderer, Seeleute) genannt wurden, gründeten 
um 860 unter ihrem Heerkönig Rurik das RuWche Reich mit der Hauptstadt Nowgorod 
(südöstl. v. heut. St. Petersburg). Rurlks Nachkommen, die mit ihren Russen all- 
mählich vollständig slavisch wurden, verlegten den Sitz der Regierung nach Kiew 
(in Südrußland). Etwa um 1000 wurde das Christentum von Byzanz aus 
eingeführt. 
b) In Nordwesteuropa: Schon im 9. Jahrh. verheerten normannische 
Seefahrer die englischen und irischen Küsten. Dann besiedelten sie Island, wo
	        
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