Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten

106 Das Mittelaller. 
düng ergriffen und in die Tiefe gezogen wurden. Radbod wollte 
sich, wie die Sage erzählt, vor seinem Tode taufen lassen. Schon 
mit dem Fuße im Taufwasser stehend, fragte er den Geistlichen, ob 
seine Vorfahren im Himmel seien. Als dieser es verneinte, trat 
Radbod mit den Worten zurück: „Lieber will ich mit meinen Vor¬ 
fahren in der Hölle sein, als bei den Christen im Himmel." Als Win¬ 
fried bei den Friesen nichts ausrichten konnte, ging er zum Papste 
nach Rom. Dieser erkannte, was für ein treffliches Werkzeug zur 
Ausbreitung des Christentums Bonifatius sei, und weihte ihn zum Bischof. 
Bonifatius versprach dagegen mit einem Eide: „Im Namen des drei¬ 
einigen Gottes verspreche ich, Bonifatius, dir, heiligem Petrus, deinem 
Stellvertreter und seinen Nachfolgern, nie in etwas zu willigen, was 
der katholischen Kirche und ihrem Haupte zuwider ist.." Mit einem 
Empfehlungsschreiben des Papstes reiste Bonifatius zu Karl Martell, 
der ihn freundlich aufnahm und ihm einen Schutzbrief mitgab. Jetzt 
war der Glaubensbote mit höherem Ansehen und besserem Schutze 
ausgerüstet und konnte seine Arbeit mit größerem Erfolge betreiben 
als bisher. Zahlreiche Missionare, hauptsächlich Angelsachsen, leisteten 
ihm Beistand; an Stelle der den Götzen geheiligten Eichen, die Boni¬ 
fatius oft mit eigener Hand fällte, erhoben sich christliche Bethäuser; 
die heidnischen Opfer hörten allmählich auf. So ward ganz Hessen 
und Thüringen für das Christentum gewonnen. In Hessen stand eine 
ungeheuere, dem Thor geheiligte Eiche. Um diese versammelten 
sich die Heiden zur Anbetung. Bonifatius sprach zu ihnen: „Gott, 
der seine Liebe in der Sendung seines Sohnes allen Menschen bezeugt, 
ist der allein Mächtige, die Götzen sind eitel und nichts. Vor euren 
Augen werde ich diese, eurem Gotte geweihte Eiche umhauen, und ihr 
werdet sehen, daß niemand herbeikommt, sie vor dem Falle zu schützen." 
Die Heiden erwarteten, daß der Hammer Donars den Frevler vernichten 
werde, aber krachend und ohnmächtig zerfiel der Baum in vier Stücke. 
Bonifatius ließ aus demselben ein Bethaus bauen, und viele Heiden 
ließen sich taufen. 
Zum Dank für solche Erfolge ernannte der Papst den „Apostel 
der Deutschen", wie man Bonifatius mit Recht nennt, zum Erz¬ 
bischof der neubekehrten Länder und wies ihm später Mainz als 
Wohnsitz an. Von hier aus leitete Bonifatius als oberster deutscher 
Kirchenfürst die gesammte deutsche Kirche, legte neue Bistümer und 
Klöster an, läuterte und befestigte die bestehenden. Wo ein Bischofs¬ 
sitz entstehen sollte, wurde zuerst eine Kirche erbaut, anfangs klein und 
von Holz, später groß und prächtig. Neben derselben errichtete man 
die Wohnung des Bischofs; Handwerker und Edle siedelten sich an, 
und so entstand bald eine Stadt. Das berühmteste der Klöster, welche 
Bonifatius gegründet hat, ist das zu Fulda, das er sich selber zur Ruhe¬ 
stätte erwählte. Die dortigen Mönche mußten nach einer sehr strengen 
Ordnung leben; dennoch kamen Männer, Jünglinge und Knaben aus
	        
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