Heinrich IV. 121
kommen jenes Konrad, der auf dem Lechfelde den Heldentod fand.
(S. 119.) Der tüchtigste dieser Herrscher war Heinrich III., ein
wahrhaft frommer und sehr willenskräftiger Fürst. Wie Karl der
Große, wollte auch er alle christlichen Völker des Abendlandes zu
einem Reiche vereinigen. Die Großen des Reichs hielt er, wie
Otto I-, in strengem Gehorsam; Böhmen und Ungarn, welche sich vom
Reiche unabhängig machen wollten, unterwarf er wieder; am kräftigsten
aber trat er in Italien auf. Die Kirche war damals entartet. Päpste
und Bischhöfe trieben Simonie; so nannte man nach dem Zauberer-
Simon (Apost.-Gesch. 8, 18) den Verkauf geistlicher Ämter für Geld.
Ein Papst trat sogar sein hohes Amt gegen eine bedeutende Geld¬
summe einem anderen Priester ab. Bischöfe und Äbte lebten wie
weltliche Ritter und waren mit Schwert und Speer besser bekannt
als mit der Bibel. Wie ganz anders lebte Heinrich! An Festtagen
setzte er seine Krone nicht eher auf, als er gebeichtet und sein Beicht¬
vater ihm den bloßen Rücken gegeißelt hatte. Oft sah man ihn barfuß
und in härenem Büßergewande an der Spitze seines Heeres ein Dank¬
gebet verrichten. Drei Päpste gab es damals, die alle drei Simonie
trieben und sich gegenseitig in den Bann thaten. Um diesem ärger¬
lichen Zustande abzuhelfen, zog Heinrich nach Italien, setzte alle drei
Päpste ab und ernannte einen frommen Deutschen zum Papste; zugleich
mußten ihm die Römer versprechen, daß sie ohne seine Einwilligung
nie einen Papst wählen wollten. Später hat Heinrich der Kirche noch
dreimal ein Oberhaupt gegeben. Leider fand dieser kräftige Herrscher
einen frühen Tod, er starb in der Blüte der Jahre und hinterließ
das Reich seinem erst sechsjährigen Sohne Heinrich. (1056.)
b, Heinrichs IV. Jugend. Anfangs stand er unter der Vor- 1056
mundschaft seiner Mutter, unter deren Regierung die Fürsten aufs
neue stolz ihr Haupt erhoben. Am wenigsten wollten sie einer Frau
gehorchen. Mehrere Fürsten verschworen sich deshalb, sich des jungen
Königs zu bemächtigen und dadurch die Regierung an sich zu bringen.
Die Seele dieser Verschwörung war der Erzbischof Hanno von Köln.
Im Frühjahr 1062 folgte die Kaiserin einer Einladung Hannos zu einem
Feste nach Kaiserswerth (zwischen Duisburg und Düsseldorf). Zahlreiche
Fürsten waren zugegen. Nach der Mahlzeit lud Hanno den Prinzen ein, eins
seiner Schiffe zu besehen, das er mit besonderer Pracht ausgestattet hatte.
Aber kaum steigt dieser in das Schiff, so umdrängen ihn die Verschworenen
mit ihrem Gefolge; die Ruderknechte stoßen vom Lande und treiben mit Macht
das Schiff in die Mitte des Stromes. Der Knabe erschrickt; schon den Tod
vor Augen sehend, stürzt er sich in die Flut; sie würde ihn begraben haben,
wenn ihm nicht ein Ritter nachgesprungen wäre und ihn unter eigener Lebens¬
gefahr mit starken Armen den Wellen entrissen hätte. Nur mit großer Mühe
brachte man den widerstrebenden Knaben in das Schiff zurück, wo man ihn
mit Schmeichelreden allmählich beruhigte. So führten ihn die Räuber nach
Köln, während das Volk in großer Aufregung am Lande dem Schiffe folgte,
das die Königsräuber und den gefangenen König trug.