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Karl V. wie auch sein Bruder Ferdinand fast fortwährend in aus¬
wärtige Kriege verwickelt waren, jener mit Franzi, von Frankreich,
dieser mit den Türken. Diese hatten nach der Einnahme Konstan¬
tinopels Griechenland, Serbien und die Walachei erobert und machten
schon verheerende Streifzüge nach Steiermark, Kärnten und Kram;
ja selbst in Italien hatten sie bereits festen Fuß gefaßt und richteten
ihre Augen auf Rom, mit dessen Sturze sie den Glauben an den
Heiland vom Erdboden zu vertilgen hofften. Im Kampfe gegen sie
siel der König von Ungarn, und die Hälfte Ungarns geriet in
türkische Gewalt. Ferdinand, Karls V. Bruder, wurde als Schwager
des gefallenen Königs zu dessen Nachfolger erwählt; aber der Sultan
erkannte ihn nicht an und rückte 1529 vor Wien. Die heldenmütige
Verteidigung dieser Stadt rettete jedoch das Abendland vor türkischer
Knechtschaft.
Karl V. hatte mit kurzer Unterbrechung über zwanzig Jahre
mit Franz I. von Frankreich und mit afrikanischen Seeräubern zu
kämpfen, welche die Stuften von Spanien und Italien plünderten.
Franz I. war Karls Nebenbuhler bei der Kaiserwahl gewesen; sie
gerieten miteinander in Kampf um Burgund und Italien. Wiederholt
wurde Franz zum Frieden gezwungen; aber ein dauernder Friede
kam erst 1544 zustande. Beide Fürsten gelobten einander Beistand
zur Wiederherstellung der Eintracht in der Kirche und zu einem ge¬
meinsamen Kampfe gegen die Türken; Franz entsagte allen Ansprüchen
auf Italien, und Karl verzichtete auf Burgund.
b. Luther ririd Melanchthon. Seit seiner Rückkehr von der
Wartburg blieb Luther in Wittenberg, unangefochten vom Kaiser, der
in dieser Zeit durch einen Krieg in Italien in Anspruch genommen
wurde. 1525 schloß Luther eine eheliche Verbindung mit Katharina
von Bora, dis früher Nonne gewesen war. Dadurch entfernte sich
Luther um einen neuen Schritt von der katholischen Kirche. Sein
treuester Mitarbeiter in dem schwierigen Werfe der Reformation war
fein Freund Philipp Melanchthon. Dieser stammte aus einer
bürgerlichen Familie des Städtchens Breiten in der Pfalz und war
14 Jahre jünger als Luther. Da er reich begabt war und von An¬
fang an tüchtige Lehrer hatte, erwarb er sich früh ein seltenes Wissen.
Mit 17 Jahren war er schon Magister, in seinem 21. Jahre ward er
als Lehrer an die Universität zu Wittenberg berufen. Bald verknüpfte
ihn mit Luther das Band inniger Freundschaft, das erst durch den
Tod gelöst wurde. Mit Recht nannte man Melanchthon den Lehrer
Deutschlands; denn aus allen Ländern eilten Schüler zu ihm. Luther
sagt: „Meister Philipp fährt säuberlich und stille daher, bauet und
pflanzet, säet und begießet mit Lust, nach dem ihm Gott seine Gaben
so gar reichlich gegeben. Ich aber muß Stämme und Klötze ausreuten,
Dornen und Hecken umhauen, Bahn brechen und zurichten." Durch
seine große Gelehrsamkeit, besonders in der griechischen Sprache, sowie