Das Frankenreich unter den Merowingern.
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a) die unabhängigen freien Grundbesitzer, die Bauern,
deren Zahl infolge der wirtschaftlichen Entwicklung in be¬
ständigem Rückgang begriffen war, einmal durch Übergang
in die Klasse der abhängigen Freien, dann durch Eintritt in
die sich herausbildende Aristokratie.
b) Abhängige Freie. Die Formen der Abhängigkeit
waren außerordentlich mannigfaltig. Ein Freier begab sich
a) in Abhängigkeit von einem anderen Freien,
indem er entweder durch die Form der Kom5^.ndation^. sich
auf Lebenszeit unter den Schutz des ankern stellte und ihm
seine Vertretung in Rechtsangelegenheiten übertrug, wofür er
seinem Schutzherrn allerlei Dienste leistete, namentlich im Krieg
unter seinen Befehl trat,
oder gegen Übertragung von Lehensgut, indem er sich
von einem Grundbesitzer ein Grundstück zur Nutznießung ver¬
leihen ließ1); besonders zu der Kirche traten viele Freie in ein
solches Verhältnis und ließen sich zu ihrem Eigengut (später
Allod genannt) noch Lehensgut (beneficium) geben. In der
Regel war die Verpflichtung, die man gegen Übertragung von
Lehensgut übernahm, nur eine geringe, die Zahlung eines niedrig
bemessenen Zinses, wozu dann später noch die Pflicht der Treue
gegen den Lehensherrn kam.
Sehr vorteilhaft stellten sich die Freien, die in ein
ß) besonderes Abhängigkeitsverhältnis zum König
zu kommen wußten. Dies konnte wieder auf dem Weg der
Kommendation geschehen, was zur Folge hatte, daß der
Kommendierte in allen Rechtsfällen vor das Königsgericht2)
kam. Oder der Freie ließ sich vomKönig mitLand belehnen;
oder er trat in das Gefolge des Königs ein, der allein im
Merowingerstaat das Recht hatte, ein solches zu halten. Die
Mitglieder des königlichen Gefolges hießen Antrustionen und
genossen vor den übrigen Freien außer dem gesellschaftlich
höheren Ansehen die Vorrechte eines dreimal höheren Wer¬
geides und der Immunität3). e/} \ $ .
3) Die Beteiligung des Volkes öffentlichen Leben;
Die Mitwirkung der freien Volksgenossen an der Regelung der
öffentlichen Angelegenheiten, wie sie die älteste germanische Ver-
') Dies geschah anfangs nur auf Widerruf, später unwiderruflich
auf Lebenszeit, endlich sogar so, daß sich das Lehensgut in der Familie
des Belehnten vererbte.
2) Vgl. Abschnitt E.
3) Ygl. Abschnitt B.