Das Altertum.
1. Die morgenländischen Völker.
1) Die Ägypter.
a. Land. Ägypten liegt im nordöstlichen Afrika und war in
den ältesten Zeiten ein etwa 4 Stunden breiter Meerbusen, den der Nil
durch seinen Schlammabsatz fast ganz ausgefüllt hat. Mit Recht nannten
deswegen die Griechen Ägypten ein „Geschenk des Nils." In den Hoch-
gebirgen, welchen der Nil entspringt, fallen im Frühjahr mächtige Regen-
güfse, die sich mit dem Wasser des schmelzenden Schnees vereinigen
und den Fluß bedeutend anschwellen lassen; Ende Juli tritt dieser aus
seinen Ufern und verwandelt das Land in einen See, so daß das Wasser
6—7 m höher steht als im Juni. Im Oktober fällt das Wasser all-
mählich wieder und läßt eine fruchtbare Schlammschicht zurück, in welcher
die Saaten bestellt werden. Diese Überschwemmung bringt aber nicht nur
dem Boden Erfrischung und Fruchtbarkeit, sondern kühlt auch gerade
in den heißesten Monaten die Luft ab, in welcher Zeit der glänzende
Himmel Oberägyptens durch kein Wölkchen getrübt wird. Die Erntezeit
fällt in die Monate März und April; in unserm Frühjahr stehen in
Ägypten die Felder leer, und das Land gleicht der Wüste.
Ägypten zerfällt in 3 Teile:
1) Ober-Ägypten mit der Hauptstadt Theben und den
Königsgräbern; hier ist der Nil reich an Wasserfällen;
2) Mittel-Ägypten mit der Hauptstadt Memphis, dem
Labyrinth, dem Mörisfee und den Pyramiden;
3) Unter-Ägypten oder das Delta, die Kornkammer der
alten Welt, mit Heliopolis oder On, Pelufium und
dem später erbauten Alexandria.
b. Das Volk zerfiel in verschiedene gesonderte Berufsstände, Kasten
genannt, in die der Priester, Krieger, Ackerbauer, Handwerker, Kaufleute,
Schiffer und Hirten. Dieselben waren aber nicht streng von einander
geschieden. Ehen unter verschiedenen Ständen waren gestattet; jedermann
konnte sich seinen Beruf und Stand wählen; doch ergriff der Sohn
meistens wieder den Beruf des Vaters. Die Priester bildeten die
oberste Kaste. Sie trugen ein weißes leinenes Gewand von Byssus
Hossmeyer und Hering, HilsKbuch I. 6. Aufl. j