16 Das Altertum. 
Die Griechen dienten ihren Göttern durch Gebete, Opfer und feier- 
liche Tänze oder Umzüge. In alten Zeiten wurden auch Menschen 
geopfert, später nur Tiere, Speise, Trank und Kränze. Die Seelen der 
Gestorbenen kamen nach der Meinnng der Griechen in das Reich des 
Hades (Pluto), das durch mehrere Flüsse (Styx, Acheron, Kocytus, 
Lethe) von der Welt der Lebenden geschieden ward. Der Fährmann 
Charon setzte die Schatten der Abgeschiedenen, denen eine Bestattung 
zu teil geworden, über; die Schatten der übrigen mußten unstät am Ufer 
umherschweifen. Der dreiköpfige Hund Cerberus hielt an dem Ein- 
gange der Unterwelt Wache. Die Unterwelt zerfiel in den Aufenthalt 
der Seligen, Elisium, und den der Verdammten, Tartarus. 
Minos, König von Kreta, und andere waren die gerechten Richter. 
d. Orakel. Die Griechen glaubten, daß die Götter ihnen auf 
geheimnisvolle Weise ihren Willen offenbarten; aus dem Fluge der 
Vögel, den Eingeweiden der Opfertiere und aus den Träumen suchte 
man denselben zu erfahren. In wichtigen Angelegenheiten fragte man 
das O r a k e l. Das älteste war das Zeichenorakel' des Zeus zu Do bona. 
Hier standen uralte, heilige Eichen, deren Früchte den ersten Menschen als 
Nahrung gedient haben sollen. Aus dem Rauschen derselben, aus den 
verschiedenen Tönen eherner Becken, welche, frei nebeneinander gehängt, 
vom Winde wunderbar geläutet wurden, und aus dem Plätschern einer 
dort entspringenden Quelle deuteten die Priester den Willen der Götter. 
Am berühmtesten war das Spruchorakel des Apollo in Delphi, das 
als Mittelpunkt der ganzen Erde galt. In zweifelhaften Fällen gaben die 
Priester wohl eine dunkele, doppelfinnige Antwort; aber in den meisten 
Fällen erbat fich der Fragende nicht eine Prophezeihung, sondern einen 
Rat, eine Entscheidung in einer wichtigen, zweifelhaften Angelegenheit, 
und die konnte er nirgends besser finden, als bei den weisen Priestern 
Delphis, die über alle Verhältnisse Griechenlands eine genaue Kunde 
besaßen. Nach den Aussprüchen des delphischen Orakels richteten sich 
alle Staaten Griechenlands, wurden Verfassungen abgeschafft und ein- 
geführt, Kriege angefangen und unterlassen, Tempel gebaut und Feste 
und Festspiele gestiftet. So regierte gleichsam Delphi jahrhundertelang 
die griechischen Staaten. Zum Schutze dieses Heiligtums bildete sich 
später ein Bund griechischer Staaten, der Amphiktyonenbund, 
dessen Gesandte sich jährlich zweimal versammelten. 
Als Delphi noch nicht bewohnt war, so erzählt die Sage, weidete dort ein 
Hirt seine Ziegen und entdeckte in einer wilden Gebirgsschlucht einen Schlund, 
aus dem wallender Dampf emporstieg. Die Ziegen des Hirten, welche in den 
Schlund hineinsahen, machten wunderliche Sprünge und stießen seltsame Töne 
aus; und da er sich selber dem Schlünde näherte, geriet er in Verzückung und 
begann zu weissagen. Als nach ihm mehrere zu dem Schlünde eilten und manche 
in ihrer Verzückung in denselben hineinsprangen, errichtete man über der Öffnung 
einen Dreifuß und erwählte eine Frau, die Pythia, der allein es gestattet war, 
den Dreifuß zu besteigen. Später wurde auf der Orakelstätte ein Tempel erbaut, und 
an denselben schlössen sich Wohnungen für die am Heiligtum angestellten Priester, 
Schatzhäuser zur Aufbewahrung der reichert Geschenke, Theater und die Stadt Delphi.
	        
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