Full text: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren (Teil 3)

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Ich schloß mich dem dicht unter dem Dorfe stehenden Regimente v. Geist 
an, auf das eine feindliche, gegenüberliegende Batterie heftig mit Hanbitz- 
Granaten feuerte, aber wenig Schaden tat, weil sie zu hoch schössen. Jede 
Abseneruug aber machte es auf einige Momente so hell, daß man in der 
dunklen Nacht einander sehen konnte; und so ward ich von dem Herrn Major 
Kommandeur von Gelsdorff und einigen reformierten Gemeinen erkannt. Diese 
beklagten mich, und einer sagte: „Hier müssen die Schafe und nicht der Hirte 
kämpfen!" Jetzt war es dem Könige zur Gewißheit geworden, daß der 
Feind seinen Hauptangriff auf unfern rechten Flügel gerichtet hatte. Der brave 
Feldmarschall v. Keith "kam an das von Geistsche Regiment heran und befahl, 
dieses sollte unter dem Dorfe auf seinem jetzigen Platze fest stehen bleiben. 
Darauf wandte er sein Pferd und befahl seinem Adjutanten, er solle das 
Regiment v. Jtzenblitz rufen. Dieses ganz vortreffliche Regiment kam und 
ging mutig mit aufgepflanztem Bajonett in das Dorf; ehe es aber den 
Feind mit dem kleinen Gewehr erreichen konnte, war es durch die am Ein- 
gange der Dorfgasse aufgepflanzten feindlichen Kanonen in weniger als zehn 
Minuten niedergestreckt, ehe es zwei Drittel der Dorfgasse zurückgelegt hatte. 
Es kam nur ein kleiner Rest dieses Heldenregiments zerstreut wieder zurück 
und schloß sich an das v. Geistsche Regiment an. Der Feind, der dies be- 
merkte und nun, da es hell geworden war, sah, daß er zu hoch geschossen 
hatte, richtete seine Kanonen kürzer, und nun fielen die Haubitzkugelu gerade 
wie Hagelsteine und schlugen rottenweise die Soldaten nieder. Ich stand 
neben dem Herrn Hauptmann v. Vittighofen, er und ich redeten den Leuten 
zu, fest zu stehen, bis wir abgerufen würden. Ein jimger Soldat sagte: 
„Wir müssen doch alle einmal sterben und bitten ja täglich im Vater Unser: 
Dein Wille geschehe!" Kaum hatte er dies gesagt, so sauk er, von einer 
Kugel tödlich getroffen, neben uns nieder. 
Um nicht ferner Menschen nutzlos totschießen zu lassen, befahl der Kom- 
mandenr Herr von Gelsdorff, das Regiment solle einige zwanzig Schritte vor¬ 
wärts rücken. Dies geschah, und wir kamen dadurch glücklich aus dem Strich 
der feindlichen Kanonen, die nun wieder über uns wegschössen. Während- 
dessen kam das Regiment Prinz von Preußen unter Anführung seines mutigen 
und freundlichen Kommandeurs, des Herrn Grafen von Lottum, mit starken 
Schritten anmarschiert, um durch die Dorfgasse zur Wiedereroberuug der 
Batterie jeuseit Hochkirchs zu eilen. Da der Graf von Lottum von meiner 
Gemeinde war, so redete er mich an. Ich sagte ihm, daß er schwerlich durch 
die Dorfgasse zur Batterie kommen könnte, wenn er nicht um das Dorf herum- 
gehen würde. Er antwortete: „Ich habe Order, gerade in das Dorf zu gehe»; 
des Herrn Wille geschehe!" Er wandte sich mit einem Gesicht voll Mut, 
übersah das aufmarschierte Regiment noch einmal, kommandierte mit starker 
Stimme: „Marsch!" Das feindliche Feuer vervielfachte sich, die Erde bebte, 
als ob eilte Erderschütterung ihren Anfang nähme, und wo man hinter uns 
sah, da fielen Helden, die auch znm Wiedereinnehmen des Dorfes zu Fuß 
und zu Pferde anrückten. Eben war der Herr Feldmarschall v. Keith wieder 
zu Pferde angekommen, den Fortgang der Attacke des Regiments Prinz 
von Preußen auf das Dorf zu sehen. Er hielt wenige Schritte auf der 
rechten Seite diesseit des Dorfes. Da nun er und der Herr von Lottum 
die zwei Personen waren, die meine größte Aufmerksamkeit auf sich zogen, so 
waren meine Blicke zwischen dem Feldmarschall und der Dorfgasse geteilt, in
	        
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