Zweiter Abschnitt.
Die fränkische Zeit.
Staatliches Wesen und Christentum durchdringen die germanischen Völker
im Frankenreiche. Im Morgenlande erhebt sich drohend der Islam.
Die Höhe der fränkischen Zeit bildet die Regierung Karls des Großen.
Die Merowinger.
§ 42. Die Franken. Während die östlichen Germanen den
Boden ihrer Väter jenseits der Elbe für immer verließen und im
Strudel der Völkerwanderung untergingen, hielten die West-
germanen ganz, wie die Sachsen, oder doch größtenteils an ihrer
Heimat fest und behaupteten daher ihre Selbständigkeit. Ihre
Grenzen schoben sie meist in das benachbarte Römerland vor.
So machten es besonders die kraftvollen Franken am
Niederrhein. Sie drängten sich westwärts in Gallien hinein, nahmen
das römische und ch r i st l i ch e Wesen in sich auf und vollzogen
eine bedeutsame, dauerhafte Staatenbildung.
§ 43. Chlodwig. Der Begründer des großen Frankenreiches
wurde der dem Geschlechte der Merowinger entstammende
C h l o d w i g (= Ludwig). Als fünfzehnjähriger Jüngling bestieg er
fünf Jahre nach dem Sturze Westroms den Thron der s a l i s ch e n
Franken, die ihre Wohnsitze im heutigen Holland hatten. Durch
einen Sieg bei S o i s s o n s eroberte der junge Fürst 486 den
letzten Rest des römischen Reiches, der sich unter einem Statt-
Halter nördlich des Loireflusses noch erhalten hatte.
Chlodwig war Heide, und seine christliche, katholische Ge-
mahlin Klothilde, eine burgundische Prinzessin, bemühte sich
lange vergeblich, ihn für den Christenglauben zu gewinnen. Da
kämpfte der König in einer blutigen Schlacht gegen die Ale-
mannen im Elsaß, das diesem Volke seinen Namen (Elendsaß,
d. h. Sitz in der Fremde) verdankt. Als die fränkischen Reihen zu
wanken schienen, gedachte er seiner Gemahlin und gelobte, Christ zu
werden, wenn er siege. Er siegte und ließ sich darauf mit seiner
A Qß Schwester und vielen Edlen am Weihnachtsfeste zu Reims
"*"«70 von dem frommen Bischöfe Remigius taufen. „Verehre",
sprach der Bischof zu ihm, „was du verbrannt, verbrenne, was
du verehrt hast!"