§ 98. IV. Die Zeit von 1789 biä 1815. 161
4. Die Freischar des Majors von Schill. Ähnlich dem Auftreten
Hofers, und doch wieder verschieden davon, ist dasjenige des preußischen
Majors Ferdinand von Schill. In Sachsen, in der Nähe von Dresden
geboren, war er in preußische Dienste getreten, war bei Anerstädt ver-
wundet worden und hatte nach seiner Genesung die Erlaubnis bekommen,
eine Freischar zu bilden. Mit dieser führte er den sogenannten kleinen
Krieg mit Erfolg und Geschick in der Umgegend von Stralsund, als diese
Festung von den Franzosen belagert wurde. Zum Lohn für seine Dienste
wurde er nach dem Frieden zu Tilsit zum Befehlshaber des Leibhusaren-
regiments in Berlin ernannt. Als Österreich im Jahre 1809 den Krieg
gegen Napoleon begann, rückte er eigenmächtig mit seinem Regiment aus
Berlin, eröffnete den Offizieren unterwegs seinen Plan, zu den Österreichern
zu stoßen, jedoch so, daß viele glaubten, er handle im Auftrage des Königs.
Der König verurteilte dagegen sein eigenmächtiges Vorgehen, der Zuzug
aus Norddeutschland, auf den er gehofft hatte, blieb ans; dazu kam die
Nachricht von der Niederlage der Österreicher bei Wagram, wodurch fein
Unternehmen vereitelt wurde. Er schlug sich mit seiner Schar bis Stral-
sund durch und hoffte, von dort sich nach England retten zu können.
Dies gelang ihm nicht. Stralsund war von Dänen und Holländern,
Napoleons Verbündeten, besetzt. Gegen deren Übermacht nahm er den
Kampf auf und fiel mit den meisten seiner Truppen. Elf überlebende
Offiziere wurden nach Wesel gebracht und dort auf Napoleons Befehl
erfchosfen, der Rest der Truppen wurde zu französischen Galeerensklaven
gemacht.
5. Die Schwarze Schar des Herzogs von Brannschweig. Herzog
Wilhelm von Braunschweig zog gleichfalls mit einer tapfern Schar
schwarzer Husaren, der sogenannten Schwarzen Schar, den Österreichern
zu Hilfe und schlug sich nach deren Niederlage mit unglaublicher Kühnheit
durch feindliche Länder und Heere bis zur Nordsee durch, loo er sich mit
seinen Gefährten nach England einschiffte, um dort günstigere Zeiten
abzuwarten. Zu Beginn der Befreiungskriege kehrte er zurück, stellte den
Verbündeten ein ansehnliches Heer und starb im Jahre 1815 des Heldentodes.
§ 98. Die Vorbereitungen 31t den Befreiungskriegen.
Die Kriege gegen Napoleon hatten gezeigt, daß das preußische Heer
und die preußische Staatsverwaltung nicht mehr auf der Höhe standen
wie zur Zeit Friedrichs des Großen.
1. Stein und seine Reformen, a) Freiherr vom Stein. Sollte
die Zukunft bessere Erfolge bringen, so war vieles zu ändern. Friedrich
Wilhelm III. wußte die Männer zu finden, die mit starker Hand und mit
offenem Auge die Erneuerung der Kräfte des Preußischen Staates herbei-
führten. Der erste dieser Männer war Freiherr vom Stein. Seine
Beck u. Dahmen, Lehrbuch für den Geschichtsunterricht. I.Teil. 2. Aufl. H
