Full text: Das Alterthum (Theil 1)

Die weltgeschichtlichen Völker Europas. II. Die Römer. 127 
der neue Bund durch eine Heirat befestigt werden, indem die schöne 
und tugendhafte Octavia, Octavianus Schwester, ihre Hand dem 
Antonius reichte, ihn aber nur kurze Zeit den Fesseln der ägyp- 
tischen Buhlerin entreißen und an eine würdigere Lebensführung 
fesseln konnte. Während Antonius einen Zug gegen die Parther 
unternahm, besiegte Octavianus durch seinen Feldherrn Agrippa die 
letzten Reste der republikanischen Partei unter Sextus Pompejus in 
Sicilien und entledigte sich bei dieser Gelegenheit auch des Lepidus, 
der Ansprüche auf Sicilien machte, dessen Truppen aber zu Octavian 
übergingen. Er entkleidete den Lepidus aller seiner Würden, beließ 
ihm nur das Oberpriesteramt und nöthigte ihn, sich vom Schau¬ 
platze der Geschichte zurückzuziehen. Eine Zeit lang hatte die treffliche 
Octavia den Frieden zwischen den beiden Hauptgegnern zu erhalten 
gewußt, da fiel Antonius wieder der ränkevollen Cleopatra in die 
Hände; er hatte in dem Feldzuge gegen die Parther Ehre und 
Truppen geopfert und schwelgte in Alexandrien als Sklave der ihn 
völlig bezaubernden Cleopatra, in niederträchtigen Ausschweifungen 
und lächerlichen Maskenaufzügen die erpreßten Schätze des Ostens 
vergeudend. Hierdurch setzte er sich in den Augen des römischen Volks 
herab, zugleich aber verfeindete er sich bitter mit Octavian, indem er 
diesem seine edle Schwester schnöde zurückschickte. Cleopatras 
Hochmuth stieg aufs höchste; sie nannte sich Königin der Könige, 
und ihre Kinder, die sie dem Antonius geboren, erhielten von diesem 
Verblendeten römische Provinzen zugetheilt. Als nun aber Cäsarion, 
den sie dem Cäsar geboren haben wollte, zu ihrem Mitregenten er- 
nannt und zum Erben des großen Dictators eingesetzt werden sollte, 
erkannte der Senat, laß die römische Welt unter das Joch der aegyp- 
tischen Königin gebeugt werden sollte, erklärte ihr den Krieg und 
entsetzte den Antonius aller seiner Würden. 
Bei dem Vorgebirge Actium an der Südküste des Peloponnes 
kam es zwischen der Flotte Octavians und der des Antonius zur e n t- 
scheidenden Seeschlacht, und wiederum war die unsinnige Neigung 11 
des Antonius zu Cleopatra, von der er sich nicht trennen konnte, sein 
Verderben. Denn als diese, die in die Niederlage ihres Buhlen nicht 
verwickelt sein wollte, mit ihren Schiffen dem Kampfplatze enteilte, verlor 
Antonius so sehr alle Besinnung, daß er Flotte und Heer, die noch gar 
nicht besiegt waren, ohne ihnen Befehle zu hinterlassen, ihrem Schicksale 
überließ, und der Entflohenen nach Aegypten nacheilte, so daß die Flotte 
völlig geschlagen wurde, das Landheer aber sich ergab. Als Octavian 
in Aegypten erschien, suchte sich Cleopatra von Antonius dadurch 
loszumachen, daß sie ihn durch die falsche Nachricht von ihrem Tode 
zum Selbstmorde trieb; noch ehe aber Antonius verschied, erfuhr 
er, daß Cleopatra noch lebe, ließ sich sterbend zu ihr in ihr Grabmal, 
wohin sie sich zurückgezogen hatte, hinaufwinden und hauchte zu den 
Füßen der Treulosen sein Leben aus. Während Cleopatra dem ster-
	        
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