Full text: Das Alterthum (Theil 1)

130 Erste Abtheilung. Dritter Abschnitt. Viertes Kapitel. 
findungsgabe; die Schätze der Welt strömten hier zusammen, und 
doch diente alles, was Reich und Stadt in sich hegten, zuletzt wieder 
nur dem Willen des einen Mannes, der, scheinbar ein Bürger unter 
Bürgern, auch in Wohnung und Kleidung, vom Palatinischen Hügel 
aus Rom und mit Rom fast die ganze bekannte Welt beherrschte. 
Bis dahin waren die Völker sich meist nur im Kriege begegnet, jetzt 
vereinigte Rom die entferntesten Nationen unter dem Schutze des 
Friedens; die zerstreuten äußeren und geistigen Güter der Erde kamen 
durch Vermittelung der Hauptstadt allen Ländern zu gut" Selbst 
mit griechischer Bildung vertraut, förderte Augustus, unterstützt von 
seinem nächsten Freunde und Gehülfen, durch Belohnungen und Gunst- 
bezeugungen alle Bestrebungen in Kunst und Wissenschaft, und da 
das öffentliche Leben nicht mehr in dem Maße wie früher den streb- 
samen Geistern Aussicht auf Ehre und Einfluß bot, wendeten sich 
viele der Wissenschaft und Kunst zu, studirten die Werke der Griechen 
und schufen auf der Grundlage derselben Nachgeahmtes oder Neues 
im römischen Geiste; daher wurde das Zeitalter des Augustus zugleich 
die goldene Zeit der römischen Literatur. 
Aber unter glänzender Hülle fraß die verderblichste vielgestaltige 
Unsittlichkeit am Lebensmarke der Völker, und kein Machtgebot 
des Mächtigsten konnte diesen Krebsschaden heilen, so sehr er sich be- 
strebte, durch strenge Gesetze dem Uebel zu steuern; weder Literatur 
noch Kunst vermochten zu heilen, sie wurden vielmehr angesteckt, auch 
das abgestorbene Heidenthum der römischen Staatsreligion hatte nicht 
die lebendige Kraft der sittlichen Erneuerung, und die Philosophie 
der Gebildeten „leugnete die Götter, konnte aber Gott nicht finden" 
und gewährte keine Befriedigung dem tiefern Gemüthe, keine Grund- 
läge wahrer Tugend. 
Da sendete Gott zur Vollendung feines Heilplans unter der Re- 
gierung des Kaisers Augustus der Welt in Jesu Christo den er- 
sehnten Heiland, den König eines Reichs der Gnade und Ver- 
föhnung, der selbstlosen Liebe und des wahren Friedens. — 
Des Augustus Regierung war eine Herrschaft des äußeren Frie- 
dens, und feine Kriege beschränkten sich in der Hauptfache auf den 
Schutz der Grenzen, vornehmlich gegen die Germanen: die Alpen- 
länder bis zur.Donau wurden unterworfen, Rhätien, Vindelicien 
und Noricum, auch Mösien römische Provinzen; Drufns dringt in 
Germanien bis zur Elbe vor ohne Resultat, Tiberius sucht die 
nordwestlichen Germanen, indem er ihre Häupter gewinnt und Zwie- 
9 tracht sät, zu beherrschen, aber durch den Sieg Armins, des Che- 
"• ruskerfürsten, über Varus und feine Legionen im Teutoburger 
Walde wird der römische Einfluß gebrochen, und die Fortsetzung des 
Kampfes in Germanien durch Germanicus hat mehr den Zweck, 
die Scharte auszuwetzen, als Eroberungen zu machen.
	        
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