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93. Flüchtigkeit des Lebens.
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Leben! Wie
ein Nebel bald entstehet und bald wiederum vergehet, so ist unser
Leben, sehet!
Ach wie nichtig, ach wie flüchtig sind der Menschen Tage!
Wie ein Strom beginnt zu rinnen und mit Lausen nicht hält
innen, so fährt unsre Zeit von hinnen.
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Schöne!
Wie ein Blümlein bald vergehet, wenn ein rauhes Lüftlein wehet,
so ist unsre Schöne, sehet!
Ach wie nichtig, ach wie flüchtig sind der Menschen Sachen!
Alles, Alles, was wir sehen, das muß fallen und vergehen. Wer
Gott fürcht't, bleibt ewig stehen.
94. Der Pilger.
Der Pilger aus der Ferne zieht seiner Heimath zu; dort leuchten
seine Sterne, dort sucht er seine Ruh'!
Sein Sehnen geht hinüber, der Leib fällt in das Grab; die
Blumen wachsen drüber, die Blumen fallen ab.
In Königsslädten schimmert des Goldes reiche Pracht, und mor¬
gen sind zertrümmert die Städte und die Macht.
Die Ströme ziehn hinunter ins wogenreiche Meer; die Wellen
gehn drin unter, man sieht sie nimmermehr.
Der Harfenton verklinget im stillen Windeswehn, der Tag, den
er besinget, muß heute noch vergehn.
Der von dem Honigseime der Ewigkeit geschmeckt, der Pilger ist
daheime nur, wenn das Grab ihn deckt.
Drum weckt ihn auch hienieden das Heimweh früh und spät;
er sucht dort oben Frieden, wohin sein Sehnen geht.
95. Christ,
Cm Gärtner geht im Garten,
Wo tausend Glumen blühn,
Und alle treu ?u warten,
Äst innig sein Gemühn.
Der gönnt er sanften Regen
And jener Sonnenschein;
Das nenn' ich treues Pflegen,
Da müssen sie gedeihn.
Und wenn ihr Tag gekommen,
Legt er sie an sein Her?,
Und ?u den Set'gen, Frommen
Trägt er sie himmelwärts,
ein Gärtner-
Zu seinem Paradiese,
Zu seiner schönern Welt,
Die nimmermehr, wie diese.
In Staub und Ische fällt.
Hier must das Her? verglühen.
Das Wei?enkorn verdirbt;
Dort aber gilt rin Glühen,
Das nimmermehr erstirbt.
Du Gärtner, treu und milde!
O, laß uns fromm und fein
Zum himmlischen Gefilde,
Zum ew'grn Len? gedeihn!
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