Die weltgeschichtlichen Völker des westlichen Orients. 11
tausends vor Christo ein Nebenbuhler ägyptischer Wissenschaft, Kunst
und Technik. Die Bibel nennt Nimrod als Stifter der Stadt und
des Reiches Babylon. Babylonien ist das durchaus ebene Alluvial-
land der beiden Ströme Euphrat und Tigris, an welche seine
ganze Cultur geknüpft ist. Der Euphrat, von diesen beiden Flüssen
der größere, fließt ruhig und klar und hat flache, hoch angefüllte
Ufer, und sein Wasser überschwemmt zur Zeit der Schneeschmelze in
dem armenischen Gebirgslande die nach dem weit reißendern Tigris
hin abfallende Ebene, welche durch großartige Wasserbauten den
beiden Flüssen abgewonnen werden mußte. Zahlreiche Ueberreste von
solchen Bauten bezeugen, daß schon die altbabylonischen Könige
Canäle und Schleusen, die Ueberschwemmung fortzuleiten, Dämme
zum Schutz gegen dieselbe, große Wasserbecken, um Wasser für den
Sommer aufzubewahren, und Schiffahrts-Canäle tzur Verbindung
des Euphrat und Tigris angelegt haben. In dieser so bewässerten
Ebene von unbeschreiblicher Fruchtbarkeit trugen die Nehren zwei-,
ja dreihundertfältig, die Weizen- und Gerstenblätter erreichten eine
Breite von '6—4 Zoll, und die Hirse erwuchs zu baumhohen Stauden;
Dattelpalmen gediehen in unendlicher Menge, hochstämmige Bäume
dagegen, außer Cypressen, ferner Feigen, Weinstöcke und Oelbäume
gar nicht. Quadersteine mußten aus den obern Gegenden des
Flusses herbeigeführt werden; man hatte zu Bausteinen nur einen
unerschöpflichen Vorrath von Ziegelerde in bester Qualität und vor-
trefflichen Erdharzmörtel zum Bauen. Bauwerke von solcher Groß-
artigkeit und Unverwüstlichkeit wie die ägyptischen gestattete das
vorhandene Baumaterial nicht. Zu hoher Ausbildung gelangten die
Gewerbe, unter denen die Leinwand- und Wollenweberei, sowie die
Purpurfärberei oben an stehen, so daß babylonische gefärbte Gewänder,
sowie fein gewobene Teppiche im ganzen Oriente berühmt waren.
Die geographische Lage des Landes beförderte einen lebhaften See-
und Karawanenhandel'mit Armenien, Persien, Bactrim und Indien,
mit Kleinasien, Syrien und Phönizien, mit Aegypten, Aethiopien
und Arabien; das Land wurde dadurch zu einem Stapelplatze für
die aus Ost und West herbeiströmenden Waaren, und der Reichthum
und die Macht, aber auch Ueppigkeit und Verweichlichung der Ba-
bylonier stiegen aufs höchste. Dieser lebendige Verkehr hatte da
seinen Mittelpunkt, wo die beiden Ströme einander am nächsten
kamen und durch den Königs-Canal verbunden waren; er erzeugte
hier die Weltstadt Babylon, deren ehemalige Größe, wie sie He-
rodot beschreibt, durch neuere Erforschungen vollständig bestätigt wird.
Die babylonische Tradition läßt nach der großen Flut die von
den armenischen Bergen herabgestiegenen Chaldäer über die unter-
worsenen Bewohner der Ebene herrschend Chaldäer müssen
Urheber höherer Cultur und priesterlicher Weisheit in diesem Reiche
gewesen sein; denn die Magier, die erbliche Priesterkaste der Baby-