286
Erste Abteilung. Schluß. Geschichte des Mittelalters.
verlieh der Papst der kastilischen Krone alle entdeckten und noch zu ent-
deckenden Inseln und Gebiete in einer bestimmten Entfernung westlich von
den portugiesischen Inseln des grünen Vorgebirges. Auf seiner zweiten
Reife führte Kolumbus mit seinem Geschwader die kostbarsten Besitztümer
älterer Kultur, unsere Haustiere und Halmfrüchte, in die neue Welt, fand
die zurückgelassene Kolonie zerstört und verfiel selbst mit dem Drittel
der voll hoher Erwartungen ihm gefolgten 1500 Spanier der Krankheit
des gelben Fiebers. Er entdeckte zwar Jamaika, aber die geringen
Resultate seiner Ansiedelungen brachten sein Unternehmen in Ungunst.
Noch mehr aber schadete er ihm dadurch, daß er auf seiner dritten
Reise das von ihm als „irdisches Paradies" gepriesene rtene Land mit
verwegenen Abenteurern und Verbrechern bevölkern wollte. Er entdeckte
einen Teil des Festlandes von Südamerika, konnte aber, da ihm der
Zauber einer gebieterischen Persönlichkeit fehlte, anarchische Zustünde in
der neugegründeten Kolonie zu Haiti nicht verhindern. Die als Sieche
und Bettler schwergetäuscht nach Spanien zurückkehrenden Genossen
verklagten ihn als Urheber ihres Unglückes, beschuldigten ihn der
Unterschlagung von Staatsgeldern und der Absicht, sich zum unabhängigen
Herrscher macheu zu wollen. Der ihm von der spanischen Regierung
nachgesendete „regierende Richter" Bobadilla gewährte den vom Ädmiral
bestraften Aufständischen in Haiti Gnade, erließ den Kolonisten den Zehnten
und erteilte ihnen Freiheit, Gold zu schürfen, den Admiral aber ließ
er in Ketten samt seinem Bruder nach Spanien einschiffen. Kolumbus
ließ sich die Ketten als Zeichen schnöden Undankes nicht abnehmen, wie
der Schiffskapitän wollte, wnrde aber sofort nach feiner Landung in Frei-
heit gesetzt und erhielt von dem spanischen Königspaare Genngthuung,
wenn auch nicht vollständige Wiederherstelluug der von ihm ausbedungenen
Rechte. Auf seiner vierten Reise, auf der er immer wieder eine
Durchfahrt uach China suchte, mußte er wegen widrigen Windes beim
Isthmus von Panama umkehren und geriet sieben Monate lang auf
Jamaika, wo er seine lecken Schiffe auf den Strand laufen lassen mußte,
in eine elende Lage. Als ihm die Indianer keine Lebensmittel mehr
lieferten, prophezeite er ihnen den Zorn des Himmels, und als nun die
ihm ans dem Kalender bekannte Mondfinsternis eintrat, bestürmten ihn
die Eingeborenen, den Zorn der Götter abzuwenden, was er ihnen am
Ende der Finsternis zugestand, woraus die Lieferungen von Lebensmitteln
nie mehr ausblieben. Erkrankt kehrte er heim und starb hier bald mit
dem bitteren Gefühle erfahrenen Undankes und ohne zu ahnen, daß
er Spanien eine neue Welt geschenkt hatte. — Den Namen Amerika,
d. i. das Land des Amerigo. gab dem neuen Weltteile ein Deutscher,
Waldseemüller, in seiner lateinischen Ausgabe „der vier Schiffahrten des
Florentiners Amerigo Vespncei", welcher zweimal Brasilien besucht
uud das von ihm die „neue Welt" genannte Land geschildert hatte.
Zur schnellen Einbürgerung dieses Namens mag wohl die Lautfhmmetrie
desselben mit den Namen Asia und Afrika beigetragen haben.
Mit der Auffindung Madeiras, 1419, beginnen die Entdeckungen