Full text: Die Neuzeit (Teil 3)

202 2. Periode: Zeitalter der absoluten Monarchie. 
kränkelnden Vater hatte die aufmerksame Pflegerin desselben, die Stief- 
mutter Friedrichs III., Kur für st in Dorothea, ein Testament 
abgerungen, welches ihren Söhnen, den 3 ältesten Stiefbrüdern des Kur- 
Prinzen, dem brandenburgischen Hausgefetze zuwider auch Landesherr- 
schaften verlieh, doch so, daß Heer und Einnahmen des Gesamtstaates 
der Verfügung Friedrichs III. verblieben. Der Kaiser garantierte das 
Testament, versprach aber unter der Hand dem Kurprinzen die Nicht- 
bestätigung desselben, wenn dieser den Schwiebufer Kreis bei 
feiner Thronbesteigung zurückgäbe, welchen der große Kurfürst gegen 
Verzicht auf die schleichen Herzogtümer als eine geringe Entschädigung 
vom Kaiser Leopold I. erhalten hatte. Friedrich III. stieß nach seinem 
Regierungsantritt sofort das Testament um, entschädigte feine Brüder 
anderweitig, willigte notgedrungen in die von der östreichischen 
Diplomatie erschlichene Abtretung des Schwiebuser Kreises, erklärte 
aber zugleich, daß dadurch die Ansprüche seines Hauses in Schlesien 
wieder in Kraft träten. Der Politik des großen Kurfürsten für Kaifer 
und Reich und für den Protestantismus gegen Frankreich blieb er aus 
Überzeugung treu, und es bewährte sich dabei der Ruhm des bran- 
denburgischeu Kriegsheeres. Die Unterstützung des Königs 
Wilhelm III. bei Besitzergreifung des englischen Thrones (§ 65) durch 
brandenburgische Truppen unter dem berühmten Marschall Schomburg, 
welche der große Kurfürst noch kurz vor seinem Tode mit Begeisterung 
betrieben hatte, führte Friedrich Iii. aus. Im dritten Raubkriege 
Ludwigs XIV. erschien Friedrich, von Religionseiser, Patriotismus und 
persönlichem Ehrgeize entflammt, selbst im Felde; er erwarb sich den 
Ruf persönlicher Furchtlosigkeit und säuberte das gauze niedere Rhein- 
gebiet vom Feinde. Im spanischen Erbfolgekriege bei Höchstädt, wo 
die Reihen der Verbündeten fchon wiederholt durch die Franzosen 
durchbrochen waren, stellten die Brandenburger unter Leopold von 
Dessau die Ordnung her und brachen durch ihr starkes Feuer die 
Gewalt des Feindes; sie erstürmten unter demselben Führer mit dem 
Schlachtrufe: Gah to! die französischen Schanzen bei Turin und hat- 
ten unter Lottum besonders ruhmvollen Anteil an den Schlachten in 
den Niederlanden; bei Malplaquet befand sich Kronprinz Fried- 
rich Wilhelm im dichtesten Kugelregen. Die Brandenburger haben 
ihre kriegerische Thätigkeit niemals weiter ausgebreitet, als unter Kur- 
fürst Friedrich III. oder König Friedrich I.: sie nahmen rühmlichen 
Anteil an den kaiserlichen Siegen gegen die Türken (§ 72), sie hiel¬ 
ten den ersten protestantischen Feldgottesdienst auf päpstlichem 
Gebiet, erschienen selbst bei einem Angriffe auf Toulon. 
Der Preis für das kriegerische Gewicht, das Brandenburgs geübte 
Kriegsmacht so vielfach geltend machte, das Strebeziel Friedrichs III. 
ist die Erhebung des Herzogtums Preußen zum König- 
reiche. Friedrich wiegte sich gern im Gefühl der Größe, die sein 
Vater begründet hatte, und von der er sagen durfte, daß sie ihn 
Königen gleich mache. Er teilte die feinem Jahrhundert eigne
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.