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Da Böhmen in seinem nördlichsten Teile am tiefsten liegt (114 m), 
hat das Wasser aus diesem gebirgeumschlossenen Lande hier den ein- 
zigen Ausweg gefunden. Der Hauptfluß des Landes ist 
die Elbe. Sie entspringt an dem südwestlichen Abhänge des 
Riesengebirges und zwar an der Schneekoppe. Anfänglich fließt sie, 
der Abdachung des Riesengebirges folgend, zwischen den einzelnen 
Kämmen nach Süden; durch die vorliegenden Höhen (das böhmische 
Stufenland) aber wird sie gezwungen, ihre Richtung einige Male 
(W.; N.-W.; N.) zu ändern. Zuletzt sucht sie sich in dem Elbsand- 
steingebirge einen Durchgang. Von der Quelle bis zu diesem Durchbruche 
führt der Fluß den Namen Oberelbe. An der südlich fließenden 
Oberelbe liegt Königgrätz, einst Witwensitz der böhmischen Königin- 
nen. i) Die Oberelbe empfängt ihre beiden wichtigsten Nebenflüsse 
von der linken Seite: von Süden die Moldau und von Westen 
die Eger. 
Die Moldau entspringt auf dem böhmisch-bayerischen Waldge- 
birge, fließt anfangs in einem ca. 75 km langen Längenthale nach 
Südosten, wendet sich aber dann durch vorliegende Bergzüge (Welche?) 
gezwungen mit spitzem Knie nach Norden. Bei Budweis wird sie 
schiffbar. Unterhalb Ptag mündet sie in die Elbe. Prag liegt un- 
gefähr in der Mitte Böhmens, zu beiden Seiten der Moldau. Es ist 
die einzige große Stadt dieses Landes (163 000 Einw.) und läßt alle 
anderen böhmischen Städte, die in einem ziemlich regelmäßigen Kranze 
um sie herumliegen, soweit hinter sich zurück, daß die zweite Stadt 
Böhmens (Pilsen mit 39 000 Einw.) nur den vierten Teil jener Zahl 
enthält. Überraschend ist das Bild, welches sich dem Wanderer bietet, 
wenn er von den benachbarten Höhen aus herniederblickt, „auf die 
palastreiche, die „heilige" Stadt, die 60 Kirchen, 105 Türme, 8 Klöster 
und 9 Synagogen hat, auf die Moldau im Thale mit ihren Brücken 
und reich belaubten Inseln, aus die Höhen, soweit der Umkreis reicht, 
mit Gebäuden bedeckt." Da die Stadt teils auf Hügeln, teils im 
Thale erbaut ist, finden wir in ihrem Innern neben schönen breiten 
und ebenen Straßen und freien Plätzen auch viele enge, bergige und 
winkelige Gassen (Juden- oder Josephsstadt). Prag ist der Hauptsitz 
des Handels, der Industrie und des geistigen Lebens (älteste deutsche 
Universität) von ganz Böhmen. Von hier aus führen die Straßen 
nördlich durch das Elbthal nach Dresden, nordwestlich über den Se- 
bastiansberger Paß nach Chemnitz—Leipzig, westlich durch die Ein- 
senkung zwischen dem Erzgebirge und dem Fichtelgebirge und zwischen 
diesem und dem böhmisch-bayerischen Waldgebirge, südwestlich über den 
Paß von Taus, südlich durch das Thal der Moldau und die Ein- 
senkung zwischen dem böhmisch-bayerischen Waldgebirge und dem Greiner 
Walde, östlich über die böhmisch-mährische Landhöhe und nordöstlich 
durch die Einsenkung zwischen dem Riesengebirge und dem Lausitzer 
Berglande. An diesen Straßen liegen auch die bedeutenderen Städte 
Böhmens, so die Fabrikstadt Reichenberg (Baumwollenwaren und 
') Eigentlich „Königingrätz". Hrad, Grad, Graz (Grätz) bedeutet im Sla- 
wischen soviel als Schloß und Burg.
	        
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