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3. Periode: Zeitalter der Revolution.
König mit der unbegreiflichsten Gemütsruhe die Krone
vor seinen Augen zerbrechen, während immer neue Depnta-
tionen erschienen, die ihn als Volksmörder anklagten, Trophäen aus
den Tuilerien brachten. Denn kaum hatte der König das Schloß der-
lassen, als die ihres Führers beraubte Nationalgarde abzog, und die
im Schlosse aufgestellten treuen Schweizer samt den
Edellenten waren nun allein der Wut des bewaffneten Pöbels über-
lassen, der sie, die nicht schießen sollten, heimtückisch überfiel, trotz ihrer
Tapferkeit erdrückte und zum größten Teile niedermetzelte. Während
die Meute im Schlosse alles zerstörte und Brand legte, schlachtete sie
auch die friedlichen Schloßbewohner ab, trieb mit den Leichen gräßliche
Schadenfreude und wütete ebenso in der Stadt gegen die als Royalisten
Verdächtigen, allen voran wieder entmenschte Weiber. Auf Antrag
des Pariser Gemeinderats dekretierten Gironde und
Berg die Absetzung des Königs und die Abführung der könig-
lichen Familie in deu alten Tempelturm, wo sie der ausschließ-
lichen Bewachung des Pariser Gemeinderats und seinen Beschimpfungen
und kleinlichen Quälereien ausgesetzt war; zugleich wurde die Berufung
eines National-Konvents beschlossen. Die Regierung ging dem Namen
nach auf die Nationalversammlung und die von ihr gewählten meist
girondistischen Minister über, die aber Danton als Justizminister unter
sich aufnehmen mußten; in der That herrschte jedoch der Ge-
meinderat von Paris, die „Commune", dessen hervorragende
Glieder, vor allen der gefürchtete Danton, den Jakobinerklub und
das Proletariat in der Hand hatten. Lafayette, der seine Truppen
noch immer für König und Konstitution zu begeistern suchte, und der
entrüstet gegen die freche Usurpation des Gemeinderats und die Feigheit
der Nationalversammlung auftrat, welche die verübten Gewalttaten be-
schönigte und ihnen gesetzliche Anerkennung verlieh, wurde als Ver-
räter erklärt, und da ihn seine von Jakobinern bearbeiteten Truppen
verließen, mußte der noch kurz vorher so Gefeierte und von der Armee
so Geliebte flüchten, wurde von den Ost reichern gefangen und
längere Zeit unedler Weise eingekerkert.
Die Nachricht von den Angriff der näher rückenden
Preußen auf Verduu benutzte der gewissenlos furchtbare Danton
mit seinen Genossen, um die Wut seiner Banden gegen die söge-
nannten Landesverräter, die Feinde der Revolution im Innern,
aufs äußerste zu erhitzen. Man wollte Schrecken verbreiten durch
Massenmord, hauptsächlich um die Wahlen in den neuen Konvent
zu beherrschen, und ehe man gegen den äußern Feind zog, sollte
mit „den Feinden der Freiheit", d. i. den Gegnern der
Pöbelherrschaft, aufgeräumt werden, damit die gefürch-
teten Preußen nur geschlossenen Widerstand fänden. Es wurde ein
Revolntions-Tribuual errichtet zur Verfolgung aller „Verdäch¬
tigen", und nachdem Santerre Ober-Kommandant der jakobinisch reorga-
nisierten Nationalgarde geworden, ließ Danton Paris sperren, alle