Full text: Die Neuzeit (Teil 3)

78 1. Periode: Zeitalter der Reformation. 
trieben dadurch die sächsischen Städte fast ohne Schwert- 
streich Moritz in die Hände, der sich mit den Böhmen vereinigte. 
Er, dem in arglosem Vertrauen der Kurfürst den Schutz seines Landes 
übertragen, versprach allerdings allen seinen Schutz und Fortdauer des 
evangelischen Bekenntnisses, aber unter der Bedingung, daß sie ihm 
huldigten. Weil nun auch im schmalkaldischen Bundesheere Mangel 
einriß, die oberländischen Städte keine Geldhülfe mehr 
zahlen wollten, beschlossen die norddeutschen Fürsten den Kamps 
gegen den Kaiser bis zum Frühjahr einzustellen und in die Heimat abzn- 
ziehen. Dadurch üb erließ eu sie Sü d deutsch l.and dem Kaiser, 
der sich 'sogleich gegen die Bundesstädte in Süddeutschland und am 
Rhein wendete, eine nach der andern durch einige Zugeständnisse in 
, Sachen der Religion zur Unterwerfung brachte und alle die reichen Handels- 
i städte, Ulm, Heilbronn, Eßlingen, Reutlingen. Augsburg, Straßburg 
: und Frankfurt, die ihren Bundesgenossen die Geldhülfe versagt hatten, 
; durch starke Schätzungen züchtigte. Auch der alte Herzog 
Ulrich von Würtember'g mußte Abbitte thun und mit den größten 
Opfern des Kaisers Gnade erkaufen, während der Erzbischos von 
Köln wider die Reichsgesetze seiner Fürstenwürde entsetzt wurde und 
sein Nachfolger den katholischen Gottesdienst im Kölner Gebiete wieder 
einführte. Das ganze südwestliche Deutschland hatte sich dem Kaiser 
unterworfen. 
Inzwischen hatte Johann Friedrich nicht.nur sein Kur- 
sachsen wieder erobert, sondern auch das Herzogtum Sachsen in 
seine Gewalt bekommen. Die Stände in Böhmen, wo der hussitische 
Geist wieder erwachte, dachten an eine Absetzung Ferdinands und an 
eine Vereinigung Böhmens mit Kursachsen; Schlesien und Lausitz waren 
bereit, die östreichische Herrschaft abzuschütteln; die norddeutschen Städte 
hielten fest am Evangelium; die Könige von Frankreich und England 
j sagten ihre Hülfe zu. Aber der redliche Johann Friedrich war 
nicht der Mann, unter Benutzung dieser günstigen Umstände mit kühner 
und rücksichtsloser Politik seinen Kaiser zu bekämpfen, „er wollte 
alles von Gott erwarten, sich nur notgedrungen ver- 
teidigen." Um so rascher ging trotz seiner Gichtleiden der Kaiser 
vor, brach auf den Hülferuf seines Bruders und seines sächsischen 
Verbündeten in Böhmen ein, führte ein starkes Heer von Spaniern und 
Italienern nach Sachsen und überraschte den Kurfürsten, der 
1546 nur ein kleines Heer bei sich hatte, bei Mühlberg .an der Elbe. 
An^Mem Sonntagsmorgen, unter dem Schutze des Frühnebels, setzten 
die Kaiserlichen durch eine Furt, die ihnen ern erkaufter Verräter zeigte, 
über die Elbe,, und der Kaiser, voll kriegerischen Eifers sein andalusisches 
Roß tummelnd, führte sein Heer in Schlachtordnung gegen Mühlberg. 
Auf die Kunde davon brach der Kurfürst, doch erst nach Beendigung 
des Gottesdienstes, nach dem festen Wittenberg auf, wurde aber, bei 
seinem Fußvolke treulich aushaltend, von kaiserlichen Reitern aus der 
Lochauer j5eij>e ereilt und, in die Backe verwundet, nach tapfrer Gegen-
	        
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