II. Frankreich unter Ludwig XIV. und seine Vorherrschaft in Europa.
9
II. Frankreich unter Ludwig XIV. und seine Vorherrschaft
in Europa.
1. Vollendung: des Absolutismus durch Richelieu und Mazarin. §
Die Ermordung Heinrichs IV. war für Frankreich ein schwerer
Schlag. Seine Witwe Maria von Medici, die für den unmün¬
digen Ludwig XIII. — er regierte von 1610 — 43 — die Regent¬
schaft führte, wurde nicht im geringsten der Schwierigkeiten
Herr, die durch das erneute Emporkommen des in den Religions¬
kriegen mächtig gewordenen, von Heinrich IV. für kurze Zeit
niedergehaltenen Adels und durch den wieder eintretenden
Niedergang der Finanzen herbeigeführt wurden.
Ein neues Zeitalter begann, als Armand Jean Duplessis
Kardinal-Herzog von Richelieu die Verwaltung übernahm (1624).
Nach außen war sein Ziel die Erhebung Frankreichs zur ersten
Macht Europas und die Bekämpfung Habsburgs in Deutsch¬
land und Spanien; daher seine Teilnahme am Dreißigjährigen
Kriege, daher ein Krieg gegen Spanien (1685 — 59), der im
Pyrenäischen Frieden Frankreich Artois mit Arras, mehrere
Plätze in Flandern und Luxemburg, im S. die Grafschaft Rous¬
sillon mit Perpignan einbrachte. Im Innern sollte die könig¬
liche Allgewalt vollendet werden, aber das Staatswohl die einzige
Rücksicht der Regierung sein, die darum den unbedingten Ge¬
horsam aller erzwingen mußte. Dieses Ziel verfolgte Richelieu
mit allen Mitteln seines klugen Geistes und mit unbeugsamer
Energie. Daher sein Kampf gegen die Hugenotten, die in
Süd- und Westfrankreich mit ihren Festungen und Soldaten fast
einen Staat im Staate bildeten; sie erlagen nach tapferer Gegen¬
wehr (La Rochelle 1628), verloren ihre Sonderstellung, be¬
hielten aber Religionsfreiheit. Daher sein Kampf gegen den
Adel, in dem das Bürgertum auf seiner Seite stand1 und der
mit dem Siege der Krone endete. Die Verwaltung wurde straff
zentralisiert. Die obersten Beamten der Provinzen, die Inten¬
danten, waren nur von der Krone abhängig. In der Folge
1) Schon 1614 hatte auf der Versammlung der Etats-generaux, der
letzten vor der Revolution berufenen, der dritte Stand gefordert, „que l’autorite
du roi soit et demeure absolue sur tous ses sujetsa.