Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 3)

38 Sechste Periode. Von 1648 — 1789. — Erster Abschnitt. Von 1648—1740. 
hat die Hauspolitik Österreichs den Verlust Lothringens 
verschuldet. 
Die Zukunft des deutschen Volkes hing an Preußen. Es war 
die Frage, ob dieser Staat die Kraft haben würde, die Führung 
der Nation zu übernehmen. 
§34- Y. Die deutsche Kultur von 1648 bis 1740. 
Der Dreißigjährige Krieg unterwarf Deutschland einer wirt¬ 
schaftlichen und geistigen Fremdherrschaft. Vom Welt¬ 
handel ausgeschlossen, schon weil die Mündungsgebiete der 
großen Ströme in den Händen des Auslandes waren, wurde es wirt¬ 
schaftlich von den Holländern, Franzosen und Italienern abhängig; 
durch die Yerwahrlosung der Land- und Wasserstraßen wurde 
der Binnenhandel gehemmt; Ackerbau und Gewerbe waren durch 
den Krieg bis ins Lebensmark getroffen worden. Das absolute 
Fürstentum hat das Verdienst, allmählich den Binnenhandel 
und die Industrie, die hanseatische Stadtwirtschaft (Hamburg) 
dasjenige, den Seehandel gehoben zu haben. 
Auf geistigem Gebiete begann die Französierung Deutsch¬ 
lands und damit eine üble Einwirkung auf die Sitten. Der 
Westfälische Friede ist das letzte europäische Aktenstück in latei¬ 
nischer Sprache; nun wurde Französisch die Sprache der euro¬ 
päischen Diplomatie und guten Gesellschaft. Deutsche Fürsten 
suchten in Verschwendung, sittenloser Lebensführung und Be¬ 
drückung des Volkes Ludwig XIV. zu übertreffen, nur daß an 
die Stelle französischer Grazie Unbeholfenheit und Roheit trat. 
Auch das Bürgertum hielt sich von geist- und geschmackloser 
Nachäffung französischen Wesens nicht frei, erhob sich jedoch 
rascher zu größerer sittlicher Würde; doch beherrschte das 
Alamodetum trotz Logaus zornigen und satirischen Epigrammen 
eine zeitlang weite Kreise. Die Bauernschaft, überall guts¬ 
untertänig, stellenweise leibeigen, nur in Preußen sich der Für¬ 
sorge des absoluten Staats erfreuend, stand außerhalb des geistigen 
Lebens. Die deutsche Sprache war in trauriger Verfassung, 
die Literatur überbot in den Hervorbringungen der zweiten 
schlesischen Schule ihre naturwidrigen und frivolen französischen 
Vorbilder.
	        
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