- 239 —
tert. Oft ging es sogar ohne Weg weiter. Jedes Geräusch war
verboten. Ungefähr in der Mitte der zurückzulegenden Strecke, da
wo beide Wege sich beinahe berühren, stießen die 31er und 71er
zusammen. Von hier aus führte der Weg der ersteren gerade aus;
die letzteren stiegen rechts hinab ins Mühlbachtal.
Wohl eine halbe Stunde war ihr Zug lang, denn 3000 Mann
ist keine Kleinigkeit. Von der rechten Seite her ertönte laut der
Donner der Kanonen, doch er blieb mehr und mehr zurück. Bald
kam der Zug in eine tiefe Schlucht. Es lag ein Baum darüber,
von obenher abgeplattet. Die Leute gingen hinüber, der Anführer
aber war unvorsichtig und ritt bis in die Mitte, da glitt das Pferd
aus, und beide sielen in den Grund, ohne aber Schaden zu nehmen.
Zehn Minuten später erfolgte der erste Schuß.
Im Gefecht: Die Oesterreicher hatten die vordringenden 71er
bemerkt und stellten sich ihnen entgegen. Lebhaftes Feuer von
vorn und aus der rechten Seite! Doch es wollte nicht recht vor¬
wärts gehen. Hier und dort fiel einer! Darum herunter mit den
Ueberzügen von den neuen Fahnen! „Hierher der Tambour! —
Schlag' zur Attacke!" Nun ging's vorwärts! In breiter Linie
stürmten die drei Bataillone des Regiments mit fliegenden Fah-
nen den Gamsenberg hinauf, und in raschem Lause wurde trotz
des heftigen feindlichen Feuers die Höhe erreicht und mit dem
Bajonett im blutigen Handgemenge vom Feinde gesäubert.
Mit freudigem Hurra begrüßten die wackeren Thüringer vom
Gamfenberg aus das zu ihren Füßen liegende Preßburg mit sei¬
ner Königsburg, der Geburtsstätte der heiligen Elisabeth, und das
weit sich hinziehende Silberband des Donaustromes.
In diesem Augenblicke traf General v. Bose mit den 31ern
auf dem Gefechtsfelde ein. Der sie führende Slowake war des
guten Glaubens gewesen, die Kolonne unmittelbar nach Preßburg
führen zu sollen! Jetzt aber waren sie ohne Weg und Steg dem
Gefechtslärm zugeeilt, der von den 71ern zu ihnen herübergedrun¬
gen war. —
Waffenstillstand: Nun wurde das Gefecht gemeinsam weiter
fortgesetzt. Es gelang auch, den Gegner, obwohl er mit weit
überlegeneren Kräften die Unseren zu vernichten suchte, überall
zurückzudrängen. Unterdessen war es Mittag geworden. Da er¬
tönte wenige Augenblicke nach 12 Uhr — die Thüringer trauten
ihren Ohren kaum — drüben beim Feind wie im Manöver das
Signal „Das Ganze halt." Oesterreichische Offiziere mit je einem
Spielmann und dem Träger einer weißen Flagge erschienen von
mehreren Seilen und verkündeten den Waffenstillstand. Auch von
der Stelle, wo General v. Bose stand, erschallte das Signal „Das
Ganze halt" und dann „Stopfen". Es verging zwar noch längere
Zeit, bis selbst auf den entfernteren Abteilungen das Feuer auf¬
hörte.