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Dritte Periode. Von 1056 —1273.
Italien, vermochte aber nichts weiter als die Kaiserkrönung zu
erlangen. Aus der wachsenden Not rettete ihn ein glücklicher
Zufall, die Gefangennahme Richards von England (§ 54); Heinrich
entließ ihn erst, nachdem er ein hohes Lösegeld versprochen
und ihm den Lehnseid geschworen hatte. Nun bequemte sich
Heinrich der ijöwe zur Versöhnung mit dem Kaiser; er starb
(1L95) zu Braunschweig.
In Deutschland also Herr geworden, ging Heinrich wieder
nach Italien und unterwarf sich das sizilische Reich. Damit war
die Stellung des staufischen Königtums völlig verändert: einmal
war der Schwerpunkt der staufischen Macht nach Süden gerückt;
sodann umklammerte diese jetzt das Papsttum von beiden Seiten;
brach mit ihm ein neuer Streit aus — und das war zu er¬
warten —, so war’s nun ein Kampf auf Tod und Leben.
Da faßte Heinrich, stolz, herrisch, hart, ja grausam, den Plan
einer Weltherrschaft: wie England, wollte er auch Frankreich,
H-vv-l Spanien, ja das oströmische Reich von sich abhängig machen
und den Orient niederwerfen. Ferner wollte er das Reich zum
Erbreich machen. Dieser Plan aber scheiterte an dem Wider¬
spruch der deutschen Fürsten; sie gestanden dem Kaiser nur die
Nachfolge seines jungen Sohnes Friedrich zu. Da starb Heinrich
plötzlich 1197: es war ein furchtbares Ereignis, welches zugleich
das Papsttum aus der größten Gefahr befreite, in der es je ge-
schwfiht-kafrte. Diese Gefahr war jetzt beseitigt: denn Friedrich
war ein dreijähriges Kind, von dessen Nachfolge auch die stau¬
fische Partei absehen mußte, und die Opposition der Fürsten, vor
allem der Welfen, trat mit aller Macht wieder hervor. Unter
solchen Umständen wurde 1198 Innocenz TIT. Papst (§ 60). ^
§ 68. 4. Der Bürgerkrieg von 1198—1215.
So kam es 1198 zu einer Doppelwahl. Die staufische Partei
wählte Heinrichs VI. Bruder Philipp von Schwaben, die welfische
Heinrichs des Löwen Sohn Otto IV. In dem nun entstehenden
; Bürgerkriege1, während dessen beide Könige, um Anhänger
zu gewinnen, das Reichsgut verschwenderisch vergaben, wurde
1) Vgl. dazu die Lieder Walthers von der Vogel weide.