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begann das Land zu verwüsten, und Gott gab den Christen das Glück,
daß sie über die Heiden kamen, ohne daß diese gewarnt waren. Ritterlich
jagte man den Heiden nach, man fing, man stach, man schlug; was ihnen
weh that, das that uns wohl. Das Land war voll von Gut: den Christen
war es zum Gewinn, den Heiden zum Verlust.
Das Heer teilte sich in sieben Scharen und verwüstete das Land.
Die Heiden aber schrieen sehr im Busche, es ging ihnen übel, denn man
schlug ihrer viele^ tot. Weib und Kind wurden gesangen, es war ein
spaßhaftes Hosgesinde. Da sah man manches Weib, dem zwei Kinder an
den Leib gebunden waren, eins hinten und eins vorn: barfuß kamen sie
ohne Sporen auf einem Pferde daher geritten. Man fing der Heiden
viel und band ihnen die Hände zusammen, so führte man sie zusammen¬
gekoppelt gleich Jagdhunden fort. Als das Heer sich lagerte, da brachten
die Greußen genug Gänse, Hühner, Schafe und Kühe, Pferde, Hausrat
und Honig dar, das war ihres Herzens Freude.
Acht Tage lang blieb man noch im Lande, 108 wurden zu Rittern ge¬
schlagen, drei ganze Länder wurden verwüstet, Samaiten, Rossienien und
Eragalja. Da überfiel uns Wind, Regen und Hagel mit großem Frost;
drei Tage und Nächte goß es ans uns herab, daß die Harnische rosteten,
die Kost verdarb, und es wurde so kalt, daß die Pferde des Nachts
zitterten und weder Laub noch Gras fressen wollten. Da zogen wir
wieder aus dem Lande, ans Sumpf und Graben, Bruch und Sand und
eilten der Memel zu. Nach mühsamen Märschen gelangten wir endlich
nach Königsberg lind zogen von da mit Ehren heimwärts.
Jedem Edlen aber gebe ich den Rat, daß er sich St. Georg zum
Ritter nehme und an die Worte denke: „Besser Ritter denn Knecht."
Dann wird sein Nnm' mit Lob geziert. Mit Treuen rat ich's, Suchen toi rt.
Des Ordens Verfall. Großer Jammer kam über Preußen,
als sich Ritter, Knechte und die größten Städte dem Könige Jagello von
Polen zuwandten. Sie trieben die Brüder von den Häusern und gaben
diese dem Könige und fchwureu ihm alle Treue. Der König gewann sie
alle mit Briefen, Versprechungen und Gnaden; nie ist in einem Lande
von so großer Untreue und schneller Wandlung gehört worden, als da-
mals, da das Land dem König untertänig warb binnen einem Monate.
Der König nahm dem Orden diese Hänser uud Gebiete: Osterode, Christ-
bürg, Elbing mit allen Städten und Häusern. Desgleichen gingen auch
die Bifchöse und Prälaten, Mönche, Nonnen und allerlei Leute zum
König über und hielten ihn für ihren Herrn. Auch war es ein kläglich
Ding, daß etliche Brüder des Ordens teils gezwungen, teils aus eignem
Willen dem Könige die Häuser Übergaben und von bannen brachten, was
sie konnten an Gut unb Gelbe; ein Teil zog verstohlen hinweg aus
dem Lande seine Straße, ein Teil zog zu den Fürsten und Herren gen
Deutschland und klagte über den großen Jammer und das Leid, welches
den Orden getroffen hatte. Aus der Chronik des Pfarrers Joh v. Posilge.
8. Die Entdeckung Amerikas (1492).
Das Leben des Colnmbns bis 1482. Columbus (eigentlich
Colombo) ist zwischen 1436 und 56 in Genna geboren und ging schon
mit dem 14. Jahre zur See. Er diente Holland und Portugal und
lernte die Küste von Guinea kennen. In Lissabon verheiratete er sich
und studierte auf das Seewesen bezügliche Karten und Schriften, aus
denen er die duukle Kunde von Ländern im westlichen Meere vernahm.