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gegeben hatte, um sie über die Grenze zu geleiten. Allein diese Führer
waren vielmehr angewiesen, die Kimbern in einen Hinterhalt zu locken
wo der Konsul ihrer wartete. So kam es unweit Noreja im heutigen
Karnthen zum Kampf, in dem die Verratnen über den Verräter siegten
und ihm beträchtlichen Verlust beibrachten; nur ein Unwetter, das die
Kampsenden trennte, verhinderte die vollständige Vernichtung der römischen
Armee. Die Kimbern hätten sogleich ihren Angriff gegen Italien richten
können; sie zogen es aber vor. sich westwärts zu wenden.
Im Jahre 105 erneuerten sie den Einfall ins römische Gebiet: sie
besiegten im südlichen Gallien drei römische Heere, das letzte bei Arausio,
wo 80000 römische Soldaten gefallen und nur zehn Mann entkommen
sein } offen.
Endlich, es scheint im Saufe des Jahres 103 v. Chr.. flutete der
Kimbernstrom, nachdem er in Spanien an dem tapfern Widerstande der
eingebornen Völkerschaften, namentlich der Keltiberer. sich gebrochen hatte,
am atlantischen Ozean hinauf. wo alles den schrecklichen Männern sich
unterwarf, von den Pyrenäen bis an die Seine. Indes, sei es wegen
der schwierigen Verpflegung auf den Alpenstraßen. sei es aus andern
Gründen, die Massen lösten sich wieder ans in zwei Seerhausen, von denen
der eine, die Kimbern und Tigoriner, über den Rhein zurück und durch
die schon im Jahre 113 erkundeten Pässe der Ostalpen, der andere, die
neuangelangten Teutonen, die Tougener und die schon in der Schlacht
von Arausio bewährte kimbrische Kernschar der Ambronen, durch das
römische Gallien und die Westpässe nach Italien einbringen sollte. Diese
Zweite Abteilung war es. die im Sommer 102 v. Chr. abermals nnge-
hindert die Rhone überschritt und am linken User derselben mit den
Römern den Kampf nach fast dreijähriger Pause wieder ausnahm.
Marius erwartete sie in einem wohlgewählten und wohlverproviantierten
Lager am Einfluß der Jsere in die Rhone, in welcher Stellung er die
beiden einzigen damals gangbaren Heeresstraßen nach Italien, die über
den kleinen Bernhard und die an der Küste, zugleich den Barbaren ver-
legte. Die Teutonen griffen das Lager an, das ihnen den Weg sperrte;
drei Tage nach einander tobte der Sturm der Barbaren um die römischen
Verschanzungen, aber der wilde Mut scheiterte an der Überlegenheit der
Römer im Festungskriege und an der Besonnenheit des Feldherrn. Nach
hartem Verlust entschlossen sich die dreisten Gesellen, ben Sturm auszu¬
geben und am Lager vorbei fürbaß nach Italien zu marschieren. Sechs
Tage hintereinnnber zogen sie bnrnn vorüber, ein Beweis mehr für die
Schwerfälligkeit ihres Trosses, als für die ungeheure Zahl. Der Feldherr
ließ es geschehen, ohne sie anzugreisen; daß er durch den höhnischen Zuruf ber
Feinbe. ob bie Römer nicht Aufträge hätten an ihre Frauen bctheim, sich
nicht irren ließ, ist begreiflich, aber baß er bies verwegene Vorbeibesilieren
der feindlichen Heerfäulen vor der zusammengezogenen Masse nicht be¬
nutzte, um einzugreifen, zeigt, wie wenig er feinen ungeübten Soldaten
vertraute. Als der Zug vorüber war, brach auch er fein Lager ab und
folgte dem Feinde auf dem Fuße, in strenger Ordnung und Nacht für
Nacht sich sorgfältig verschanzend. Die Teutonen, die der Küstenstraße
zustrebten, gelangten, längs der Rhone hinabmarschierenb bis in bie
Gegenb von Aquä Sextiä, gefolgt von ben Römern. Beim Wafferfchöpfen
stießen hier bie leichten ligurifchen Truppen ber Römer mit ber keltischen
Nachhut, ben Ambronen. zusammen; das Gefecht ward bald allgemein;
nach heftigem Kampfe siegten bie Römer unb verfolgten ben Weichenben
Feind bis an die Wagenburg. Dieser erste glückliche Zusammenstoß er-