König Karl berief 788 eine Versammlung uach der Pfalz zu Ingel¬
heim Hier erschien anch auf des Herrschers Befehl Tassilo, wie auch
seine' übrigen Vasallen. Da begannen die Getreuen aus Bayern zu
flaqen, daß Tassilo nicht die gelobte Treue bewahre, sondern nachdem ei¬
sernen Sohn und andere Geiseln gegeben und Eide geschworen habe, ans
den Rat seines Weibes Lintberga treulos geworden sei. Und dies der-
mochte mich Tassilo nicht abzuleugnen. Er bekannte Gewehr daß er
auch nach seiner Unterwerfung noch an die Avaren gesendet, die Vasallen
des Königs zu sich beschieden und ihrem Leben nachgestellt habe. Uni
seinen Leuten befahl er. als sie den Eid leisteten, daß ste dabei ander?»
im Sinne trügen und treulos den Eid ablegten, und was noch mehr,
er gestaut) ein, gesagt zu haben, auch wenn er zehn Sohne habe, wolle
er sie lieber alle verlieren, als daß es bei dem Vertrage bliebe und das
Bestand habe, was er beschworen. Auch habe er ausgesprochen, besser
sei der Tod als ein solches Leben. Als er nun alles dessen uberfuhrt
war. da gedachten Franken und Bayern, Langobarden und Sachsen und
alle, welche aus den Ländern des Reiches zu dieser Versammlung ge-
kommen waren, seiner früheren Vergehen, und wie er den König Pippin
auf dem Heereszug verlassen habe, was man zu deutsch Herisliz nennt,
und -erklärten den Tassilo des Todes schuldig. Aber, obgleich alle ern-
stimmig das Todesurteil verhängt wissen wollten, so wurde doch der
gnädige König Karl von Mitleid ergriffen und bewog ans Liebe zu Gott,
und weil Tassilo sein Blutsverwandter war. die Diener Gottes und
seine Getreuen. des Herzogs Leben zu schonen. Und da der milde
König den Tassilo fragte, was er thun wolle, bat jener, datz man ihm
gestatte, zum Mönch sich scheren zu lassen und in em Kloster zu gehen,
damit er für so viele Sünden Buße thne und seine Seele rette. Dasselbe
Urteil wurde auch über seinen Sohn Theodo gefällt. Er wurde geschoren
und ins Kloster geschickt nnd wenige Bayern, die in der Feindschaft
gegen König Karl verharren wollten, mußten in die Verbannung gehen.
y a J ' Lorscher Annalen.
Zug gegen die Slaven. 789. Es giebt in Germanien
ein slavisches Volk, das am Ufer des Meeres sitzt und in seiner eigenen
Sprache die Welatabeu, in der fränkischen aber die Wilzen heißt. _ Es
war dies Volk von jeher feindselig gegen die Frauken und pflegte lerne
Nachbarn, die ben Frauken unterworfen oder mit ihnen verbündet waren,
mit seinem Hasse zu verfolgen und mit, Krieg heimzusuchen. Da der
König der Ansicht war, daß man solchen Übermut nicht langer erdulden
könne, beschloß er zum Kriege auszuziehen, rüstete ein großes Heer ans
und ging bei Köln über den Rhein. Von dort aus nahm er seinen Weg
durch Sachsen, und als er an die Elbe kam, schlug er an ihrem Ufer em
Lager auf. Dann erbaute er zwei Brücken, von denen er dte^eme an
beiden Enden mit einer Verschanznng schirmte und durch eine Besatzung
sicherte. Er selbst überschritt den Fluß und führte das Heer m das
Land der Wilzen, wo er alles mit Feuer und Schwert zu verwüsten be-
fahl. Obwohl aber jenes Volk voll Kriegsmut war und auf die Zahl ferner
Streiter vertraute, vermochte es doch nicht lange dem Angriffe des königlichen
Heeres zu trotzen, und als man zur Stadt des Dragawit kam, der sich vor
allen den Fürsten der Witzen durch Adel des Geschlechtes und die Würde,
die ihm sein hohes Alter verlieh, auszeichnete, zog jeuer sogleich mit all
den Seiueu aus der Stadt Dem Könige entgegen, stellte die verlangten
Geiseln und versprach mtter Eid dem Könige und den Franken die Treue
zu bewahren. Seinem Beispiele folgten alle die übrigen Großen nnd Fürsten