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sprechenden neuen Religion (Dasein eines höchsten Wesens, einstige Vergeltung, Heiligkeit
der Gesetze des Staates). Vor allem schildert er in seinem „Emil" mit vernichtender
Schärfe die unnatürliche Erziehung jener Zeit und verlangt eine Erneuerung
der Gesellschaft durch Verbesserung der Erziehung.
Unter den englischen Dichtern ist namentlich Milton zu bemerken (gest. 1674),
der Dichter des „verlorenen Paradieses". Den höchsten Ruhm in der Wissenschaft erwarb
Newton (gest. 1727), durch welchen die Mathematik, Physik und Astronomie außer-
ordentliche Fortschritte machten. I. Lockes (gest. 1704) pädagogische Ansichten übten
auf die Erzieher seiner Zeit großen Einfluß, insbesondere seine Forderung einer einfachen,
naturgemäßen Körperpflege.
In Italien war mit dem Schluß des 16. Jahrhunderts die Blütezeit der bildenden
Künste vorüber, insbesondere dadurch, daß die Künstler nicht mehr selbständig die Natur
studierten, sondern die Werke ber großen Meister nachahmen wollten. Erst zur
Zeit des 30jährigen Krieges begann die sogenannte „Nachblüte" (bolognesischeMaler-
familie; Guido Renis Christus mit der Dornenkrone). In Neapel blühte eine
naturalistische Schule, welche die Heiligen wie Banditen darstellte. In Spanien
erwuchs unter dem Einfluß von Rubens eine katholische Malerschule, deren Haupt-
Vertreter Murillo ist (Maria auf dem Halbmond); als Bildnismaler ist unübertroffen
Velasquez.
Frankreich hatte den größten Landschaftmaler aller Zeiten, Claude Lorrain,
der den wunderbaren Duft der Fernsicht entzückend darzustellen wußte.
2. Deutschland lag seit dem dreißigjährigen Kriege bis zur Mitte des
18. Jahrhunderts wie in seinem Staatswesen, so auch in Kunst und Wissen-
schctft tief darnieder. Der EinfluA Frankreichs war nur nachteilig. Die
deutsche Sprache erlitt durch das Eindringen vieler Fremdwörter schmäh-
liche Verunstaltungen. Im Zeitalter Friedrichs des Großen da-
gegen begann ein großartiger Ausschwung des geistigen Lebens. Er ging
von der Poesie aus, erstreckte sich auch über die andern Künste und bewirkte
zugleich eine Umgestaltung und Erhebung der Wissenschaft. So trat seit
dem Ende des 18. Jahrhunderts Deutschland auf dem geistigen Gebiete an
die Spitze der europäischen Völker.
Unter ben Vorläufern ber Blütezeit deutscher Poesie ftnben wir ben Pro¬
fessor Gellert in Leipzig (f 1769), ber burch seine außerorbentlich beliebten
Fabeln bie Thorheiten, Schwächen unb Laster seiner Zeit volksverstänblich unb
humorvoll veranschaulichte unb bem beutschen Mittelstanbe zuerst wieber rege Teil-
nähme für bie beutsche Litteratur einzuflößen wußte. Mit bem Hervortreten
Klopstocks unb Lessmgs, neben benen noch Wielanb zu nennen ist, schwang sich
seit 1750 bie Dichtkunst rasch empor, unb erreichte am Enbe bieses unb am An¬
fange bes folgenben Zeitraums ihre Vollenbung burch Herder (f 1803), Goethe
(f 1832) unb Schiller (t 1805), alle brei zuletzt in Weimar am Hofe bes
Herzogs Karl August vereinigt.
Klopstock gab der deutschen Poesie die Richtung auf Religion und Vater-
la nd und eine neue gehobene Sprache. Die ersten Gesänge seines Messias wurden mit