200 Die Geschichte des Mittelalters
Wann und wie die Einigung der Polen zu einem Reich stattgefunden
hat, läßt sich nicht feststellen; in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts
tritt ein fertiger polnifcher Staat unter Herzog Miesko in die Geschichte.
966 wurde das römisch-katholische Christentum eingeführt und das
Bistum Posen gegründet. Mieskos Nachfolger Boleslaw I. Chrobry
(992—1025) dehnte die Grenzen des Reiches über Böhmen, die Lausitz
und Pommern aus und herrschte von der Ostsee bis zu den Karpathen
schließlich unabhängig vom deutschen Reiche, indem er durch die Stiftung
des Erzbistums Gnesen unter Otto III. Posen aus dem Metropolitan¬
verband des Erzbistums Magdeburg löste und im Frieden von Bautzen
1018 die Anerkennung seiner Unabhängigkeit von Heinrich II. erreichte.
Kurz vor seinem Tode nahm er den Königstitel an. — Unter Boleslaws
Nachfolgern gingen zwar zeitweise Teile des eroberten Gebietes wieder
verloren; aber Polen blieb doch das mächtigste Reich der Slaven, und seine
Könige suchten ihre Herrschaft immer weiter auszudehnen. Boleslaw III.
schob die Grenze nach Westen bis an die Peene vor und gebot über
Pommern und Rügen, so daß um 1125 die polnische Macht von der
Weichsel bis zur Peene, dem Müritzsee und der oberen Havel reichte.
Nach seinem Tode 1138 zerfiel das Reich infolge der Erbteilung unter
Boleslaws vier Söhne in vier Teile. In dieser Zeit der inneren Wirren
Polens geschah die Germanisiernng im großen Stile.
c) Die baltischen Slaven haben keine großen Staaten geschaffen,
ebensowenig die Sorben; deshalb hat sich in ihren Gebieten besonders
erfolgreich das Deutschtum verbreitet. Zu den baltischen Slaven gehörten
als die mächtigsten unter ihnen die beiden Stämme der Obotriten im
heutigen Mecklenburg und der Pommern; die ersteren bewohnten noch
Teile der Altmark und Holsteins und das märkische Land bis an die Oder,
die letzteren saßen zwischen Oder und Weichsel. Die Obotriten sind heftige
Feinde des Christentums gewesen; Otto der Große hatte zwar die Bis¬
tümer Havelberg und Oldenburg gegründet, aber noch fast 150 Jahre nach
seinem Tode sind Aufstände uud Empörungen gegen christliche Religion
und deutschen Einfluß vorgekommen. — Die Pommern hatten sich im
12. Jahrhundert von der polnischen Herrschaft frei gemacht; ihr erster
Fürst scheint Swantibar I. um 1100 gewesen zu sein, auch er hat das
Land unter seine Söhne geteilt, so daß es schon im 12. Jahrhundert ver¬
schiedene Herrscherhäuser in Pommern gab. Wratislaw I. von Pommern-
Stettin wurde 1124 von Otto von Bamberg zum Christentum bekehrt;
ein Bistum bestand zuerst zu Julin auf Wollin, das aber schon 1140 nach
Kammin verlegt ward.
Die Sorben im heutigen Königreich Sachsen und in den Lausitzen
haben sich noch weniger als die baltischen Slaven zu größeren politischen