Full text: Aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege (Bd. 1)

Protestantismus und Katholizismus im Zeitalter der Gegenreformation 291 
b) Das Tridentiner Konzil. 
Der lutherischen Reformation einerseits und dem spanischen Katholi¬ 
zismus andrerseits verdankte der römische Katholizismus seine Restauration. 
- Hinweggefegt wurde das in ästhetischem Genießen und unsittlichem Leben 
aufgehende Papsttum der Renaissance. Seit Hadrian VI. sind die In¬ 
haber des Stuhles Petri mit wenigen Ausnahmen sittlich makellose Kirchen¬ 
fürsten gewesen. Die Reformation der Kleriker ward auf dem Konzil zu 
Trient (1545—63) in Angriff genommen; ihre Ausbildung, Beaufsichtigung 
und Seßhaftigkeit (Verbot der Häufung von Pfründen) ward geregelt. 
Auch in der Lehre wurden mancherlei Mißbräuche abgestellt oder ihnen 
doch eine weniger anstößige Bedeutung gegeben (Ablaß u. s. w.). Im 
übrigen trugen die Lehrdefinitionen dieses Reformkonzils durchaus anti¬ 
protestantischen Charakter. Gegenüber der evangelischen Auffassung, daß 
die Schrift Norm des Glaubens sei, wurde hier die Tradition der Schrift 
gleichgesetzt. Entgegen dem Satze, daß die Rechtfertigung allein auf Grund 
des Glaubens erfolge, wurde desto stärker die Notwendigkeit der guten 
Werke und des Verdienstes hervorgehoben. 
Aber alle diese Lehrbestimmungen bedeuteten nichts der Tatsache 
gegenüber, daß das Papsttum als die unfehlbare herrschende Gewalt aus 
dem Konzil hervorging. Mit Absicht hatte man gegenüber kaiserlichen 
Wünschen (Karl V. und Ferdinand I.) jede Auseinandersetzung über die 
Machtvollkommenheit des Papsttums unterlassen. Die Geltung aller 
Glaubens- und Reformdekrete jedoch war dank der Hilfe der Jesuiten an 
die Genehmigung des Papstes geknüpft. Damit war in praxi die Un¬ 
fehlbarkeit des päpstlichen Stuhles ausgesprochen. Die Kirche dankte in 
Glaubenssachen ab und überließ es ihrem Haupte, als Dogma festzusetzen, 
was ihm geeignet erscheine. Gläubiger Katholik ist fortan nur der, der 
sich der hierarchischen Heilsanstalt der Kirche, den die Heilsgüter ver¬ 
waltenden Priestern und ihrem monarchischem Oberhaupte mit Ausopserung 
seiner Einsicht und seines Willens fügt, der gehorsam fürwahrhält, was 
diese Kirche an Dogmen verkündigt oder noch verkündigen wird, wenn er 
es auch nicht versteht. 
Durch diese einheitliche Festsetzung des Dogmas, die ihren populären 
Ausdruck saud in dem Catechismus Komanus, durch die Regeneration 
an Haupt und Gliedern, die eine versittlichte Geistlichkeit zufolge hatte, 
durch die Zusammenfassung aller geistigen Kräfte unter eine Idee und eine 
leitende Persönlichkeit gewann die römische Kirche gegenüber dem sich zer¬ 
splitternden Protestantismus an äußerer Kraft und konnte den Glaubens¬ 
kampf mit ihm aufnehmen.
	        
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